Film: Die Zeit die bleibt – Le Temps qui reste (2005)


Trailer © by Prokino


Fakten
Jahr: 2005
Genre: Drama
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon
Besetzung: Melvil Poupaud, Jeanne Moreau, Valeria Bruni Tedeschi, Daniel Duval, Marie Rivière, Christian Sengewald, Louise-Anne Hippeau
Kamera: Jeanne Lapoirie
Musik: –
Schnitt: Monica Coleman


Review
Ein seltsamer Film.

Weil er ein unglaublich heftiges Thema behandelt, den Zuschauer (meint: mich)aber trotzdem über weite Strecken relativ kalt lässt, weil ihm ganz stark ein Handlungsfaden fehlt, er jedoch schafft dies gekonnt zu überspielen, weil er an einem Punkt an dem man schon fast mit ihm abgeschlossen hat, plötzlich ganz unerwartet voll einschlägt und zu guter letzt, weil er mit etwas Abstandganz andere Gedankengänge verursacht, als man in Anbetracht des Themas erwarten würde.

Der Protagonist Romain ist 30, Fotograf und ein egozentrisches Arschloch – arrogant, bösartig, beleidigend, egal ob zu seinen Liebsten oder “nur” den Modells die er shootet, er ist immer und überall schlichtweg ungenießbar. Dann bricht er unerwartet zusammen, dann die Diagnose: Krebs. Bereits gestreut, unheilbar, Restzeit zwischen Tagen und maximal Monaten.

Heftig. Das muss ein Mensch verarbeiten. Kann man das überhaupt?

Doch vielleicht weil er so ein krasser Unsympath ist, vielleicht weil im weiteren Verlauf sein eigener Umgang mit dem Schicksal und seine Einstellung dazu, bis kurz vor Schluss gar nicht so recht klar werden, bewegt und schockiert dieser tragische Werdegang unerwartet wenig. Es ist einem fast egal – sowohl wie es mit ihm ausgeht, wie auch sein Umgang mit der eigenen Situation.

Jeder würde in gleichen Umständen wohl denken, er müsse die Zeit, die er noch hat, so schön wie es geht nutzen, sich Träume erfüllen, mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen, Beistand suchen. Romain jedoch tut nichts davon. Viel mehr wirkt er, als ob es generell nichts gäbe, was ihm überhaupt Freude im Leben bereitet. Er weiht niemanden ein, er vergrault die einzige Person die er und vor allem die ihn (so scheint es zumindest) liebt, er schließt die Therapie (welche unglaublich geringe, aber immerhin Chancen auf Heilung geboten hätte) von vornherein aus.

Bis es zu einem seltsamen Zufall in seinem Leben kommt…

Rückwirkend betrachtet findet François Ozone in LE TEMPS QUI RESTE einen interessanten Ansatz, denn er handelt nicht die offensichtlichen Gedanken – “was würde ich tun?” – zum Thema ab. Viel mehr sind die zentralen Punkte folgende: Was braucht es im Leben, um es überhaupt lebenswert zu machen? Hängen Menschen, die nur Verachtung für ihr Umfeld zeigen vielleicht nicht mal an sich selbst? Und durch das bewusste zeigen einer unerträglichen Person auch: Wie ausgeprägt ist unsere Fähigkeit zur Empathie, auch wenn Sympathie zum betroffenen Menschen nicht wirklich vorhanden ist?

Darüber denke ich jetzt, nachdem ich die so zurückhaltend inszenierte, wie emotional einschlagende finale EInstellung verdaut habe, nach. Schon eine ganze Weile. Und das macht diesen Film trotz der, vom Filmemacher vielleicht gewollten, emotionalen Barriere schlussendlich doch sehenswert.


Wertung
7 von 10 traurigen Abschieden


Veröffentlichung
DIE ZEIT DIE BLEIBT ist bei Prokino als DVD erschienen.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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