Titelbild, Trailer © by Big Biting Pig Productions
Der #horrorctober (was das ist, erfahrt ihr auf dieser Info-Seite, die auch alle Links zu meinen Filmbesprechungen im Rahmen der „Events“ enthält, oder auf dieser anderen Info-Seite der CineCouch) ist längst vorbei (ja, hab ich mitbekommen), ich habe 10 von 13 Filmen geguckt und schiebe nun die Reviews nach und nach hinterher. Zum schreiben kam ich im Oktober nämlich wirklich kaum.
Fakten
Jahr: 2013
Genre: Horror, Psychothriller
Regie: P.J. Woodside
Drehbuch: P.J. Woodside
Besetzung: P.J. Woodside, Brittney Saylor, Bill Johnson, Michael Coon, Scott Cummings, Megan Jones, Jim Foreman
Kamera: Steve Hudgins
Musik: Aaron Weatherford
Schnitt: P.J. Woodside, Steve Hudgins
Review
Amazon flutet das PRIME-Paket aktuell mit absoluten No-Budget-Independent und B-Filmchen. Passende Gelegenheit den eigenen Scope der Filmwahrnehmung mal wieder etwas auszuweiten. Im Resultat machen Filme wie LUCID. mir vor allem klar, dass die faire Rezeption eines Werkes eine heikle Sache ist, weil es unabdinglich ist, die zur Verfügung gestandenen Mittel mit in Betracht zu ziehen und eine entsprechende Schablone aus ihnen abzuleiten.
Denn würde man jeden günstigen Streifen sofort für Look & Feel fallen lassen, entgingen einem einige sehenswerte Kandidaten, die inhaltlich etwas zu bieten haben. Ein B-Movie für 2 Millionen Dollar kann nicht das gleiche Spektakel wie ein Hollywood-Blockbuster mit dem hundertfachen Budget liefern. Sollte eigentlich klar sein. Nach welchen Faktoren betrachte ich also ein Werk wie dieses, das (gefühlt, ich habe das nicht weiter recherchiert) völlig ohne Mittel, einzig aus Interesse an weirden Psychotrips und dem Drang heraus, die gezeigte Geschichte zu erzählen umgesetzt wurde? Ohne professionelle Darsteller, Drehorte, Ausleuchtung, etc.
In Bezug auf die Rahmenbedingungen wie Kulissen, Bildqualität (resultierend aus dem Besitz hochwertiger Kameras), Ausstattung, etc. mit dem gleichen Maß, dass ich an jeden anderen Film anlege zu messen, wäre wohl schlichtweg unfair, denn der Rahmen in dem P.J. Woodside hier rein technisch agieren kann, ist einfach ein anderer, wesentlich kleinerer. Besagte Dinge kosten Geld, selbiges stand der Produktion ganz offensichtlich kaum zur Verfügung und daher kann LUCID. kaum besser aussehen, als bei Oma Käthe im Wohnzimmer gefilmt – karge Wände und Neonlicht inklusive.
Nicht schön, aber solch einer Produktion fast schon inhärent – für diese Charakteristiken sollte man sie demnach nicht sofort abstrafen. Wäre alles zu verkraften. Lasse ich all diese harten Aspekte jedoch links liegen und stürze mich nur auf Faktoren (und da sollte man aufpassen trotz gönnender Grundhaltung nicht ZU vergebend, sondern immer noch realistisch zu beliebn) die unabhängig von der Budgetierung zu werten sind – der Schliff von Drehbuch und Dialogen, die Führung der besagten minderwertigen Kamera, oder eine basale Qualität der darstellerischen Leistungen – folgt leider die Erkenntnis, dass LUCID. trotzdem, von einigen surrealen Traum-Trips abgesehen, relativ fürchterlich ist.
Um ein rundes Drehbuch zu verfassen brauche ich (rein formal) zunächst kein Geld, sondern vor allem Talent, Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Für brauchbare schauspielerische Leistungen gilt das selbe, nur dass noch ein fähiger Regisseur von Nöten ist, der mich lenkt und klar kommuniziert, wie die Szene in seinem Kopf zu etwas echtem werden soll – letzteres schließt den Kreis wieder zum Drehbuch, da P. J. Woodside hier die absolute Personalunion bildet. Und auch besagtes Wohnzimmer einer amerikanischen Durchschnittswohnung ließe sich stylisch ablichten. Irgendwie.
In LUCID. passt aber auf dieser Seite nicht viel. Die simple Story um eine (alp)träumende junge Frau, die nachts von gewalttätigen Freaks heimgesucht wird, mit dem Messer in der Hand mitten im Zimmer erwacht und durch kollektive “Lucid Dreams” versucht der Quelle dieses Unheils auf die Spuren zu kommen, bleibt durchweg steril, weil es den bis ins letzte Frame unfähigen Darstellern niemals gelingt auch nur eine einzige echte Emotion zu verkaufen. Grauenhafter Gesichts-Zirkus trifft auf THE ROOM-Dialoge, sobald jemand den Mund auf macht, folgt pure Gänsehaut. Schmerzhaft ist kein Ausdruck und so plätschern Andeutungen über Traumata und Verdrängung wirkungslos an uns vorbei.
Gäbe es nicht eine Fülle an, zumindest zu Beginn im starken qualitativen Kontrast zu den unterirdischen Figurenmomenten inszenierten, ziemlich gelungenen Traumsequenzen, in denen Woodside zwar auch nur gängige Subgenre-Tropes bedient – ist es real? Kann ich mir selbst trauen? – aber dennoch atmosphärisch und im Schnitt einiges an Wirkung entfesselt, wäre LUCID. gänzlich ungenießbar. Der gesunde psycho-Level dieser Sequenzen hält Genrefreunde (wie mich) evtl. gerade noch so bei der Stange, ebbt aber zunehmend ab, weil diese surrealen Trips sich in endloser Wiederholung verrennen, teils gar mit den immer gleichen Bildern arbeiten.
Nein, das ist kein guter Film und bedenkt man – Wohlwollen hin oder her – dass z.b. ein Shane Carruth für gerade mal 6000 $ (und ebenfalls mit Laien) sein Debüt PRIMER umsetzte, dann wird doch recht deutlich klar, dass es hier leider nicht primär an Mitteln, sondern vor allem an Kompetenz und Talent fehlte.
Wertung
3 von 10 morbiden Wachträumen
Veröffentlichung
LUCID ist in Deutschland nicht erschienen, läuft aber in OV als Teil des Amazon Prime Video Pakets.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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