Titelbild & Bildausschnitte © by Dark Horse Comics
Wie angekündigt, hier das erste im Blog vorgestellte Comicbuch. HELLBOY dürfte jedem (hier wohl eher mitlesenden) Filmfreund ein Begriff sein, seit Guillermo Del Toro 2004 die erste darauf basierende Verfilmung veröffentlichte. Mal sehen, ob er den Geist der Vorlage treffen konnte? Die Links zu den beteiligten Autoren und Artists gehen übrigens, das gilt für alle noch folgenden Beiträge, in die Comic Book Database. Have fun.
Eckdaten
Story: Mike Mignola
Script: John Byrne
Artwork: Mike Mignola
Genre: Fantasy, Okkult, Horror, Superheld
Label: Dark Horse Comics
Umfang: Trade Paperback mit 4 Heften à je ca. 30 Seiten
Gelesen: Englisch, Digital, Juni 2016
Plot
In einem okkulten Ritual beschwört eine übersinnlich begabte Einheit der Nazis im England des zweiten Weltkriegs ein obskures, dem Teufel ähnliches Wesen, das jedoch in der Hand der Alliierten landet. Mehrere Jahrzehnte später ist dieses Wesen, Hellboy genannt, mit weiteren andersartigen Individuen als paranormaler Ermittler unterwegs. Nachdem Hellboy’s Mentor apathisch von einer Expedition ins ewige Eis zurück gekehrt ist und von einem schleimigen Froschmenschen getötet wird, geht der Trupp vom Bureau of Paranormal Research and Defense diesem Zwischenfall auf den Grund. In einem düsteren Schloss treffen sie bizarre Wesen, unter anderem auf Hellboy’s Schöpfer.
Review
Mike Mignola erschafft seinen ersten eigenen Charakter und zieht dessen Origin-Story mal gänzlich untypisch auf. Sind wir es doch sonst gewohnt, die Heldwerdung einer Hauptfigur vom individuellen Auslöser, über die angestoßenen charakterlichen Wandlungen, bis hin zum (fertigen) Helden zu erleben, so liegt hier a) ganz im Gegensatz zu den MARVEL– und DC-Figuren, die Mignola zuvor als Auftragszeichner erschuf, gar kein klassischer Superheld vor und wirft der Macher uns b) was Eigenschaften und Wesen seines Protagonisten betrifft, direkt ins kalte Wasser.
Zwar erleben wir, wie Hellboy von einem Moment auf den anderen die Welt betritt, doch stellen die nächsten Situationen, in denen wir ihn Jahrzehnte später dann tatsächlich agieren sehen, uns bereits knallhart vor vollendete Tatsachen. Dieser blutrote Teufel mit Donnerfaust ist bereits von beißendem (und herrlich komischem) Sarkasmus geprägt, trägt seine Probleme mit der Welt (und seinem Umfeld) oft laut und unbeherrscht aus und streckt den üblichen glatt geleckten Helden mit frecher Fuck-it-Attitude den Mittelfinger entgegen. Das schöne dabei: Jedoch ohne ein Arschloch zu sein.
Denn Mignola (bzw. ihm und co-Autor John Byrne, der die Story hier noch in konkrete Dialoge überführte) gelingt es, “Red” – wie er liebevoll genannt wird – immer wieder den passenden, mal zynischen, mal ulkig-schroffen Spruch in den Mund zu legen und ihn immer menschlich zu halten – egal, ob er gerade Froschmenschen die Hucke versohlt, oder seinem Schöpfer gegenüber respektlos verkündet, dass es ihm verdammt egal ist, wo genau er eigentlich herkommt und was er laut Beschwörungsformel auf dieser Erde zu erledigen hat. Höhere Gewalt tangiert ihn wenig, er macht seinen Job, raucht Zigarre und kontrastiert das eigene raubeinige Auftreten mit nachdenklichen Gedankenströmen, die in noir’esker Manier die Kopfzeilen der Panels schmücken.
(Film) Noir ist ohnehin das passende Stichwort, denn rein atmosphärisch rangiert SEED OF DESTRUCTION stark in der Tradition jener expressionistisch ausgeleuchteten B-Movies aus den 40ern. Harte Schatten und viel Schwarz regieren den düsteren Zeichenstil, was den wilden Mix aus Horror-, Fantasy- und Mystery-Elementen in ein angemessenes Gewand kleidet. Dazu füllen klare, eindeutige Töne ohne Farbverläufe die meisten Flächen und tragen zur undurchsichtigen Wirkung von Form und Inhalt bei.
Und letzterer ist in einem gesunden Fluß. Unaufdringlich werden Hellboy‘s B.P.R.D.-Kollegen Abe und Liz eingeführt und als wichtiges Standbein des Handlungsverlaufes etabliert, die Wechsel zwischen spannender detektivischer Erkundung unbekannter Schloss-Gemäuer und lautem Action-Krawall, gelingen Mignola dabei spielend. Die Geschichte, so weird sie in ihren mehrfachen Perspektiv-, Zeit- und Ortswechseln auch ist, fügt sich zu einer kohärenten Einheit zusammen und bleibt in Bewegung, nicht zuletzt, weil die kreativen Kombinationen aus Panels und Splash-Pages stetig für Dynamik sorgen. Der Lesefluss dankt.
Und so ist HELLBOY VOL. I ein so amüsantes wie (positiv) seltsames Buch voll zynischem Humor, Magie und Dunkelheit. Das nötige Gefühl für den Charakter des “Helden” entsteht direkt und die gelungene Dosierung von Mysterien, Auflösungen und neuen Fragen in dieser obskuren Welt, lässt die 120 Seiten im Fluge wegschmelzen. Echt stilsicher – etwas was man übrigens auch über Del Toro’s Adaption sagen kann, der den Geist der Vorlage einfach komplett traf. Empfehlung!
Weblinks
DARK HORSE
COMICBOOK DB
COMIXOLOGY
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OK…gelesen.
Gibts ja zum Glück free online zum Nachlesen, sonst hätte ich Schwierigkeiten gehabt.
Die Zeichnungen sind american superhero style zum niederknien.
Ich liebe diese Reduktionen auf das wesentliche, dieses Vertrauen auf “das Auge sieht auch die unsichtbaren Dinge”, so nenn ich das jetzt mal.
Als Beispiel genügt vielleicht das Bild indem Hellboy plus Begleitung die Cavendish Halls betreten (Band 2, Seite 4). Ein paar Striche reichen dem Auge, um die mächtige Treppe zu zeigen.
In ASTERIX-Comics wurde immer der komplette Hintergrund mitgeliefert…allerdings auch immer schön.
Hier sitzt jeder Strich perfekt, sonst würde der ganze Kram nicht funktionieren.
Die Story ist natürlich dicht an der HELLBOY Verfilmung, also nicht ganz so überraschend gewesen, aber mit lustigen Unterschieden. Frösche…immer gruselig, oder?
Ein Superteil zum Anfang, danke für den Tipp, so kanns weitergehen.
Cool, freut mich, dass der erste Band hier direkt für Spaß gesorgt hat. Der Style hat mir ebenfalls echt gut gefallen!