Über die Militärpropaganda in OPERATION RED SEA

Operation Red Sea (IMDb) – Action/Militär-Propaganda, China, 2018 – Regie: Dante Lam, Skript: Feng Ji, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Splendid

Review
China ist dabei (bzw. größtenteils damit durch) sich alle nur erdenklichen Märkte zu erschließen und sie zu dominieren. Jahrelang funktionierte dies über das reine Kopieren, heute sind finanzielle Dominanz und schiere Größe die primäre Triebkraft. Dante Lam, den ich für Filme wie THE VIRAL FACTOR sehr schätze, bedient sich beider Methoden zugleich: er kopiert 1 zu 1 die Mechanismen des “AMERICA, FUCK YEAH!”-Propagandafilms und treibt diese durch besagte Größe auf ein komplett neues Level.

Mindestens 100 der ausufernden knapp 150 Minuten bestehen aus Action-Szenen, die an Bombast, Materialschlacht und Härte wohl kaum zu überbieten sind. Im Vakuum betrachtet, ist dies der absolute inszenatorische Wahnsinn und an Energie kaum zu übertreffendes Actionkino der allergrößten Sorte.

Aber ich kann vor Pathos triefende, ultra-patriotische Militärporno-Propaganda nicht im Vakuum betrachten. 

Egal aus welchem Land sie kommt und egal ob die Fahnen einer (offiziell) lupenreinen Demokratie, oder eines fragwürdigen, totalitär agierenden Regimes geschwenkt werden – die Filmemacher legen die selben Regler um, die selbstlosen Soldaten werden identisch zu engelsgleichen Heilsbringern stilisiert und am Ende sind all die herben Verluste, all die Tränen, zerfetzten Körper und präzise in Köpfe gefeuerten Kugeln es wert gewesen.

Für die Pflicht. 
Für die gute Sache.
Für den Dienst am Vaterland.

Mir wird schlecht!

Es ist schon beklemmend, wie unreflektiert und/oder durch das Regime in Hintergrund getrieben Lam hier die Trademarks eines Michael Bay übernimmt. Die China-Flagge weht in Großaufnahme im Wind, die Marine/Armee ist unbesiegbar, die genutzte Technologie die neuste, größte, schnellste, präziseste und vor allem tödlichste. In ultra-ultra-Slow Motion werden stylische Headshots und Einschläge von Mörsergranaten zelebriert, den Kontrast bilden hyperkinetische Schlachtfeld-Sequenzen in den engen Gassen zerbombter arabischer Wüstenstädte. Dort zerreißt es Körper, der über-diabolische Feind wird mit aller Kraft in die Knie gezwungen.
 
Moralisch verwerflich ist daran natürlich nichts, denn a) ist es for the FUCKIN’ CHINESE HONOUR (und somit richtig) und b) sind die Feinde ja nur – auch da hat man sich erfolgreich an das amerikanische Modell der letzten 15 Jahre angebiedert – Menschen dritter Klasse: Araber. 

Das Feindbild Turbarnträger funktioniert in den 10er Jahren einfach zu gut und somit werden hier, 13 HOURS bestellt zynische Grüße, sämtliche männliche Bewohner eines gesamten Kontinents ungebrochen zu “Terroristen” erklärt und in Egoshooter-Ästhetik zersiebt. 12jährige Jungs verdienen hier ebenso konsequent den Tod wie das folternde Oberhaupt der Terrorbande – der Feind hat kein Gesicht und keine Nuancen, jedes Y-Chromosom ist von Geburt an ein fieser Scherge, welcher einzig durch eindimensionale Mordlust definiert ist. Solchen Abschaum gibt man gern zum Abschluss frei – für den Frieden, für China, für die Ehre des Soldaten.

Ohne genauer hinzusehen ist OPERATION RED SEA sicher ganz großes Actionkino, weil es überdurchschnittlich kräftig knallt und wummert bis die Couch bebt. Und auch wenn ich den Großteil der Menschen, die diesen Text evtl. lesen für reflektiert genug halte, um den militaristischen “don’t mess with China”-Spirit des Films auch im Detail zu entlarven – über die, nach ihrer Rettung durch die hoch technisierte Halbgott-Eliteeinheit grinsend China-Fähnchen in die Kamera schwenkenden armen Geiseln und triefenden Pathos im Finale hinaus – dennoch eine allgemeine Bitte: schaut genauer hin.
 
Macht euch Gedanken über das Gezeigte, deutet mit dem Finger drauf und brandmarkt derart perfide Kriegs- und Nationalismus-Propaganda als das was sie ist, anstatt sie lobend durch zu winken “weil sie unterhaltsam ist”. Denn letzteres ist doch genau der Mechanismus wie sie gewinnen kann – Propaganda, macht sich da breit, wo keiner so genau hinsehen möchte, weil es einfach zu viel Spaß macht und der Rahmen so richtig fetzt. Aber eine so vollständige Entpolitisierung der Filmwahrnehmung dürfen wir nicht hinnehmen. Ich zumindest hätte auf diesen chinesischen 13 HOURS trotz starker Action gern verzichtet.

Wertung
3-4 von 10 heldenhaften Slow-Mo Kopfschüssen

Japanuary 2019, Film #1 – Your Name.

Your Name. (IMDb) – Sci-Fi Lovestory, Japan, 2016 – Regie: Makoto Shinkai Skript: Makoto Shinkai Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Universum Film

Review
Ist die Liebe universell? Leben wir nur auf den einen Punkt hin, der uns diese eine Person treffen und für immer ins Herz schließen lässt? Sind Menschen gar “für einander bestimmt”?

Wenn im alltäglichen Leben Menschen mit solch esoterischen Thesen und Behauptungen um sich schmeißen, dreht sich mir als Wissenschaftler, Rationalist und Klardenker regelmäßig der Magen um. Von Seelen(verwandschaft), Schicksal und ähnlichem Geschwurbel halte ich genau Nullkommanichts und könnte regelmäßig an die Decke gehen, weil heutzutage leider statt Aufklärung und Wissenszuwachs eine starke Zunahme des irrationalen Quatsches in der Gesellschaft zu verzeichnen ist. Das ist nicht gut. Bildet euch. Bitte!

Nach diesem kurzen Rant aber ein wichtiger Zusatz: Wozu bräuchten wir Filme, wenn sie ausschließlich die Realität abbilden würden? So sehr ich mir in der Realität rationales Denken wünsche, so sehr begrüße ich es, wenn Filme sich so frei wie möglich bei “was wäre wenn”-Szenarien bedienen. Uns mit Zeitreise, Monstern, Weltraum, anderen Dimensionen, Schicksal, Magie, und, und, und den nötigen Eskapismus aus einer (manchmal ZU) kargen Welt ermöglichen. Träumen dürfen und sollen wir – man muss nur irgendwann auch wieder auf dem Boden landen – und somit ist Film das perfekte Medium, um in die Wogen des Fantastischen abzudriften.

Eben dies tut Makoto Shinkai in seinem x-ten Film (jedoch meinem ersten Kontakt mit diesem Filmemacher) mit Bravour. Boy meets Girl mal ganz anders gedacht, denn nachdem Mitsuha und Taki in ihren Träumen die Körper tauschten, sich über das Leben im Körper des anderen ineinander verliebten, durch die Zeit reisten, um sich vor einer großen Katastrophe zu retten, ist klar, dass wir hier keine gewöhnliche Liebesgeschichte vom Fließband genießen durften. Stattdessen steht ein großes Ausrufezeichen hinter der Kraft der Liebe. Shinkai lässt sie nicht nur als Triebkraft zu, die zwei Menschen sich finden lässt, sondern ganze Berge (oder Kometen) verrücken, ja gar die Geschichte der Welt neu schreiben.

So zuckersüß und angekitscht wie diese Zeilen klingen mögen, schaut sich YOUR NAME. auch. In warmes Licht getaucht, von wunderschönen, Aquarell-Gemälden gleichenden Landschafts-Animationen durchzogen, wohnen wir dem Weg der zwei liebenswerten Hauptfiguren bei und durchleben große Gefühle. Aufkeimende Zuneigung fühlt sich hier ebenso echt an, wie das schwere Drama und die herzerweichende Verzweiflung bei der Suche nach dem “Seelenverwandten”. Wären die Gefühle bloße Behauptung, ginge YOUR NAME. wohl als triefendes Bonbon der Extraklasse durch, doch innerhalb seines emotional aufgeladenen Settings, gelingt es Shinkai mich hier jede einzelne Emotion glauben (und mitfühlen) zu lassen.

Sicher spielt dabei die technische Perfektion des Animes eine tragende Rolle. Meine Kontaktflächen zu dieser Art Film (oder Serie) beschränken sich bis dato fast ausschließlich auf 80er/90er Jahre Serien, sowie Hayao Miyazaki (bzw. Ghibli allgemein) und der Zuwachs auf dem technischen Level hat mich schlichtweg umgehauen. Eine perfekte Symbiose aus von Hand gezeichneten Bildern und synthetischem Lighting, durch und durch Bilder zum Einrahmen und an die Wand hängen und, für die emotionale Tragweite des Films elementar, ein sicheres Händchen in der Umsetzung der Figuren und ihrer Gefühlsregungen.

Ja, YOUR NAME. hat mir verdammt gut gefallen und den ganz tief in mir verborgenen Romantiker ein Stück weit angesprochen. Ein bewegender Film, dem es spielend gelingt uns zu vermitteln, dass die Liebe etwas wertvolles und wunderschönes ist, ganz ohne sich dabei in den ihm innewohnenden “übernatürlichen” Konzepten, oder gar stumpfen Rollenklischees zu verrennen.

Schön!

Wertung
8 von 10 abgebrochenen Kometen-Splittern

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