Trailer © by Tobis Home Entertainment
Fakten
Jahr: 2012
Genre: Gangsterfilm, Copfilm
Regie: David Ayer
Drehbuch: David Ayer
Besetzung: Jake Gyllenhaal, Michael Peña, Anna Kendrick, Natalie Martinez, David Harbour, Frank Grillo, America Ferrera, Cle Sloan, Jaime FitzSimons, Cody Horn, Shondrella Avery
Kamera: Roman Vasyanov
Musik: David Sardy
Schnitt: Dody Dorn
Review
Gibt es ein Grundrezept für gute Filme? Was braucht man um sie zu machen? 250 Millionen Dollar Budget, das fähigste VFX-Studio, einen Knall und Bumm-Regisseur, ganz viele Explosionen und einen Cutter auf Speed? Kann klappen, aber wer die Blockbuster der letzten Jahre scharfsinnig begutachtet, wird zwingend zu dem Schluss kommen: Geld kann nicht allein Qualität kaufen, da gehört mehr zu. Doch was ist dieses “mehr”? END OF WATCH ist ein verdammt kleiner Film, das Budget lag laut IMDb bei 7 Millionen Dollar – man muss sich auf der Zunge zergehen lassen, dass das in etwa drei Prozent des gängigen Blockbuster-Mittel darstellt – und gibt eine gute Idee davon, wie man als Filmemacher etwas andere Schwerpunkte legen kann und damit nahezu vollends überzeugt.
Autor und Regisseur David Ayer verfolgt eine ganz simple, aber mehr als effektive Strategie: Er holt zwei überaus fähige Schauspieler ins Boot und lässt sie auf der Leinwand zu Menschen werden. Nicht zu den üblichen Abziehbildern die uns so gern vorgesetzt werden, nicht bloß die übliche stereotype Leier der großen Helden, der unkaputtbaren Rächer, sondern zu echten Menschen. Die wir in ihrem Alltag beobachten, deren Probleme, Ängste, Wut und Freude wir sehen, die direkt zu Sympathieträgern werden und Empathie hervorrufen.
Das gelingt exzellent, weil der Fokus hier ein anderer ist – zumindest anders als in vergleichbaren Filmen. Taylor und Zavala sind zwei Cops, die wir – auf die unterschiedlichste Art und Weise sehr kreativ gefilmt – bei ihrer täglichen Arbeit begleiten: Patrouille in den Ghettos von Los Angeles. Ein gefährlicher Job, der nur durch völlige geistige und körperliche Präsenz, einen gewissen Grad an Härte und ein wenig Zynismus zu meistern ist. Und die Reihe an Einsätzen ist endlos – Kleindelikte, Gang-Kriminalität, Drug-Spots, Verfolgungen durch die engen Gassen.
Brian Taylor: “Not every call’s a foot pursuit or a car chase. Some guys at other agencies have never even drawn their weapon or been in a gun fight.”
Mike Zavala: “Yeah, but here that’s just half your shift.”
Brian Taylor: “In the South end, we’ll get involved in more capers in one deployment period than most cops see their entire career.”
Konträr zur naheliegenden effekthascherischen Darstellung, sehen wir die Zwei jedoch nicht nur auf gefährlichen Einsätzen mit gezogener Waffe – wir sehen vor allem das, was dazwischen liegt. Wie sie rumalbern, Bullshit quatschen, ernste Gespräche über das Leben, ihre Leben, Familien und Freunde führen. Wir sehen sie privat, abseits des Jobs – ebenfalls oft zusammen – und es wird das Wichtigste schnell klar. Zavala und Taylor sind mehr als Kollegen – das hier sind zwei Freunde. Freunde die für den anderen ins Feuer springen würden – der eine vielleicht ein wenig mehr als der andere, ein Fakt aus dem später noch eine ganz besondere Tragik entwachsen wird – die zusammenhalten und sich unheimlich nah stehen.
Dieser Blick hinter die Cop-Fassade, kreiert für beide Männer ein klares und authentisches Profil und hebt END OF WATCH vom üblichen Buddy-Cop Streifen ab. Das ist das “mehr”! Mehr zu sehen als Story-dienliche Einsätze, Pistolen und coole Sprüche füllt eine oftmals schmerzlich vernachlässigte Lücke. Pena und Gyllenhall spielen die beiden zudem über jeden Zweifel erhaben – ohne Einschränkungen sind beide Leistungen richtig gut.
Gepaart mit der halb-Found-Footage mittendrin-Inszenierung, welche durch Handkamera, Police-Car-Cam, etc. entsteht, hat der Zuschauer tatsächlich das Gefühl in South Central als dritter Mann mit auf Streife zu sein – kaum auszuhaltende Spannung garantiert, tiefe Einblicke ins Elend inklusive. Hier scheut David Ayer glücklicherweise nicht, seinen Film als schreiende Anklage an die Verhältnisse in den Ghettos der USA zu formulieren.
Thematisch ist nicht mehr – wie lange Jahre üblich – die Drogen- und Gewalt-Kriminalität der schwarzen Gangs das Hauptthema, sondern END OF WATCH nimmt den Einfall der mittel- und südamerikanischen Syndikate als Aufhänger. Ob das authentisch, über-, oder untertrieben dargestellt ist, vermag wohl nur ein Bewohner (oder echter Cop) der entsprechenden Ghettos zu sagen, gemessen an diversen real-Dokus erscheinen die Verhältnisse (leider) durchaus plausibel.
Schade eigentlich nur, dass gegen Ende doch wieder einige dramaturgische Hollywood-Stereotypen bedient werden – END OF WATCH hätte sie nicht gebraucht und im Finale ruhig nur einen, anstatt mehrerer Gänge hochschalten dürfen. Ein kleiner Dämpfer, der das Resultat jedoch nur leicht schmälert – was bedeutet, dass es immer noch Welten von desaströs entfernt ist. Somit ist der Film trotzdem eine kleine Perle, die die inszenatorischen Stilmittel (Wackelcam und Found-Footage) sinnvoll einsetzt und durch sie einen wirklichen Mehrgewinn für den Rezipienten schafft. Echt und menschlich geschrieben, verdammt spannend inszeniert und bis zum Ende hin mehr als konsequent.
Wertung
8 von 10 ungewöhnlichen Kamera-Optionen
Veröffentlichung
END OF WATCH ist bei Tobis Home Entertainment als BluRay und DVD erschienen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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