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Fakten
Jahr: 1994 (S1), 1997 (S2)
Genre: Serie, Krankenhausserie, Soap, Horror, Mystery, Drama
Regie: Lars von Trier, Morton Arnfred
Drehbuch: Lars von trier, Niels Vørsel
Besetzung: Ernst-Hugo Järegård, Kirsten Rolffes, Ghita Nørby, Holger Juul Hansen, Søren Pilmark, Jens Okking, Peter Mygind, Baard Owe, Udo Kier
Kamera: Eric Kress
Musik: Joachim Holbek
Schnitt: Molly Marlene Stensgaard
Review
Mitte der Neunziger Jahre, die Arztserien sprießen wie ungenießbare Pilze aus dem Boden, wer könnte denn mal die nächste drehen? Klar, Lars von Trier, ein Regisseur, der sich bis dato mit transzendenten Neo-Noirs, Horror-Seuchenfilmen und einer sehr eigenen, düsteren Film-Ästhetik einen Namen gemacht hat – was könnte näher liegen, als das nächste EMERGENCY ROOM durch ihn verwirklichen zu lassen? Man merkt also schon am Ansatz, dass hier wenn überhaupt eine freche Parodie von besagtem Quatsch entstehen sollte und heraus kam selbstverständlich auch eine ganz eigene, Trier’sche Interpretation des Mikrokosmos Krankenhaus.
In RIGET (aka THE KINGDOM aka GEISTER) purzeln Genre-Versatzstücke wie wild durcheinander, ein Haufen liebenswert-skurriler Figuren wächst sofort ans Herz und zu allem Überfluss spukt es – der junge von Trier steht wortwörtlich süffisant grinsend daneben (bzw. in Persona in jedem Abspann dahinter) und freut sich über seinen gut-gelaunten Genre-Bastard.
Die Geschehnisse im “Königreich” – so heißt das alte, in klassischer Horror-Manier auf unheilvollem Grund errichtete Krankenhaus – sind vielfältig. Die kautzige Frau Druse hört kleine Mädchen im Fahrstuhlschacht um Hilfe schreien, der arrogante Oberarzt Stieg Helmer verachtet seine Kollegen und überhaupt den ganzen “dänischen Abschaum“ (Trier schlachtet genüsslich die uralten Schweden-Dänemark Rivalitäten aus), im Schlaflabor wird TEXAS CHAINSAW MASSACRE geschaut, und, und, und… Toll daran ist ganz klar die Figurenzeichnung – obwohl die meisten Beteiligten oftmals ein bisschen ZU schräg und überdreht geschrieben sind, zweifelt man nie an, dass es die tatsächlich in ähnlicher Form geben könnte, weil viel wahrer, menschlicher Kern in ihnen steckt. Vielschichtigkeit ist hier das Stichwort: Keiner ist nur Arschloch, nur Sympathieträger, oder nur verrückt, vielmehr malt von Trier so gut es geht in Grautönen, gibt entspannten Träumern eine dunkle Seite und arroganten Widerlingen einen herzlichen Kern. Ihr Zusammenspiel funktioniert und die entstehenden Konflikte erzählen auf humoristisch überhöhte Weise von den Reibungsflächen zwischen Menschen von verschiedenem Schlag.
Zunächst wirkt RIGET noch wie eine leichtfüßige, detailreiche Satire auf das Arztserien-Sujet im Dogma-Mantel, nach und nach zieht jedoch die weirdness-Schraube an, die ersten Mysterien entwickeln sich zu waschechten WTF-Momenten und enden letztendlich in abgedrehtem Irrsinn, den man gesehen haben muss, um ihn zu glauben (Stichwort: Udo Kier). Was von Trier in seinen facettenreichen Serienplot an Intrigen, Verbindungen und Zwischenfällen zusammenbastelt, entbehrt allerdings keineswegs dem realen Bezug – sowohl die charakterlichen Archetypen, wie auch beagte zwischenmenschliche Konfrontationen finden ihre Entsprechung sehr wohl in der Realität – und so wirkt RIGET zunächst nur ganz leicht entrückt, stielt sich jedoch zunehmend ins abgründige Abseits des Normalen.
Liebschaften, Intrigen und Grusel – von Trier balanciert auf den Spuren von TWIN PEAKS gekonnt zwischen Versatzstücken diverser Filmgenres und -gattungen und durchtränkt seine Horror-Soap mit einem omnipräsenten, skurrilen Humor, der eine große Mitschuld am gelingen des Unterfangens trägt. Leider war aber nach zwei Mini-Staffeln zu je vier Episoden (die jedoch alle zwischen 70 und 80 Minuten Laufzeit rangieren) Schluss, weil der Sensemann mehrere Beteiligte zu früh ans andere Ufer holte. Schade, denn mit Träumer Moesgard, Kotzbrocken Helmer und all den anderen verschrobenen Figuren hätte ich gern noch mehr Zeit im Königreich verbracht.
Wertung
7 von 10 wiedergeborenen Geistern
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
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