Horrorctober 2014, Film #6: Poltergeist (1982)


Trailer © by Warner Home Video


Es ist #horrorctober!
Was das ist und wer da mit macht, könnt ihr auf dieser Sammelseite der Cinecouch nachlesen. Wer meinen textuellen Ergüssen zum dunkelsten aller Genres regelmäßig beiwohnen will, kann natürlich diesen Blog hier, aber auch gern meiner Letterboxd-Liste, oder mir auf Twitter folgen. Nun zum Film…


Fakten
Jahr: 1982
Genre: Horror, Familienfilm
Regie: Tobe Hooper
Drehbuch: Steven Spielberg, Mark Victor, Michael Grais
Besetzung: JoBeth Williams, Heather O’Rourke, Craig T. Nelson, Beatrice Straight, Dominique Dunne, Oliver Robins, Richard Lawson, Zelda Rubinstein, James Karen, Martin Casella
Kamera: Matthew F. Leonetti
Musik: Jerry Goldsmith
Schnitt: Michael Kahn


Review
Disclaimer: Ich möchte hier niemandem auf den Schlips treten! Wenn ihr den Film mögt – egal aus welchen Gründen, dann ist das gut so und soll auch so bleiben. Aber POLTERGEIST ist für mich nun DER Klassiker schlechthin, wenn es darum geht, die allgemeine Rezeption nicht im Ansatz nachvollziehen zu können. Und dieses Unverständnis in Worte fassen, ist mir nun ein Bedürfnis.

Vielleicht stellt der Film von Tobe Hooper sowas wie eine Haunted-House-Hollywood-Version Blaupause dar und hat damals eine gewisse Wirkung gehabt? Trotzdem ist er unter verschiedensten Aspekten ein derart fürchterlicher Film (und zwar NICHT im Sinne von “zum Fürchten”), dass es mich einiges an Sitzfleisch, Geduld und Beruhigungs-Übungen gekostet hat, ihn bis zum Schluss anzusehen. Die Gründe dafür liegen nicht in antiquierten Effekten, oder dass der Film sonst irgendwie unangenehm gealtert ist – vielmehr sind große Teile der Inszenierung einfach haarsträubend umgesetzt, die falschen Schwerpunkte gesetzt und die Mischung aus endloser Langeweile und totalem Overdrive gestaltet die letzte Stunde zur miesen Geduldsprobe für die geplagten Nerven. Dabei geht es zunächst unglaublich gut los. Das Hauptthema (vielleicht eines der stimmungsvollsten des Genres) ist vereinnahmend, die ersten Aufnahmen gelungen und auch sonst läuft in der ersten halben Stunde so viel so richtig, dass ich kaum glauben kann wie unerträglich die nächsten eineinhalb Stunden werden sollten.

Wir lernen in typischem 80er Setting eine US-Vorstadtfamilie kennen, die zwar von der Konstellation der absolut typischen Filmfamilie entspricht, im starken Kontrast dazu aber recht natürlich geschrieben ist. Besonders fiel mir dies bei einer Szene auf, in der die Eltern vor dem Schlafengehen im Bett herumalberten (und kifften?) – das fühlte sich angenehm echt und menschlich an. Punkten kann auch die super niedliche Carol Anne – Heather O’Rourke legt, für eine damals Siebenjährige, eine ganz wundervolle Performance hin. Auch der 80er Schabernack kann sich sehen lassen, beispielsweise sind ständig irgendwo STAR WARS Referenzen zu entdecken. Abgesehen von diesen Rahmenbedingungen schafft der Film es zu Anfang auch auf Seite der Atmosphäre zu überzeugen.

In gemütlichem Tempo wird die Familie bei ihrem täglichen Leben gezeigt, alles scheint zunächst idyllisch und harmonisch, die Kameraarbeit sitzt und audiovisuell entsteht ein rundes Bild. Doch seltsames Benehmen der Jüngsten sorgt für elterliche Skepsis und schnell wird klar, dass sich unerklärliche übernatürliche Phänomene abspielen: Die kleine Carol Anne sitzt nur wenige Zentimeter vor Fernsehern, in denen nur weißes Rauschen zu sehen ist und spricht mit ihnen, Objekte im Haus wechseln selbstständig ihren Ort (bis hierhin war alles okay) und irgendwann bahnt sich der erste “Poltergeist” seinen Weg aus dem Fernseher hinaus. Da wirds auch leider schon doof! Doof unter allen Gesichtspunkten.

Aus anfänglicher Verwunderung der Familie wächst kurzzeitige Begeisterung, die schnell zur latenten Angst vor dem Unbekannten wird. Dann flippt POLTERGEIST das erste mal völlig aus und lässt in der ersten viel zu lauten, viel zu brachialen Sequenz die arme kleine Tochter verschwinden. Zur Klärung der Phänomene beauftragen die Freelings eine Trupp Fachleute auf dem Gebiet des Übernatürlichen, die das Haus genauer unter die Lupe nehmen sollen. Und selbst wenn man im Horror schon einiges gesehen hat, bleibt nur ein trockenes Fazit: Was für Vollidioten sind die denn? Das anfänglich recht nachvollziehbare Handeln aller Figuren mutiert zu einem Showcase der totalen Dämlichkeit – beispielsweise haben alle bereits klar erkannt, dass es tatsächlich spukt, einer der Deppen schlendert aber nachts gemütlich mit dem Walkman durch das Haus, wodurch er natürlich nichts mehr mitbekommt – und keine Figur macht auch nur noch ansatzweise Sinn. Abseits dieser Defizite liegt aber das größte Problem: Die anfängliche Atmosphäre wurde durch einige viel zu Laute und viel zu brutal-offensive Sequenzen gänzlich zerstört und es bleibt nur noch Langeweile über. In einer schier endlosen Szene erklärt die kleine Schamanin in ihrer Piepsestimme, wie man die verschollene Tochter retten kann. Das dauert zwei, fünf, zehn Minuten und hört immer noch nicht auf. Bleierne Augenlider sind die Antwort. Nach gefühlten zwei Stunden hat sie ihren Plan lang und breit erklärt und ab gehts.

Was dann folgt geht wirklich auf keine Kuhhaut mehr. Die Tonspur des schier endlos andauernden Finales könnte als Foltermethode Waterboarding ersetzen. Es ist alles nur noch laut, nur noch schnell und nur noch von hysterischem Kreischen erfüllt. Unendlich anstrengend. Scheinbar war man zudem sehr stolz auf die damaligen Effekte, was zu üppiger, gänzlich entmystifizierender Darstellung dämlicher Geister, Skelette, etc. führt. Mit atmosphärischem Grusel hat das zu dem Zeitpunkt schon ganz lange nichts mehr zu tun – im Gegenteil, der Showdown kann eigentlich nur als stark misslungener Actionfilm eingestuft werden. Ich habe wirklich genervt vor mich hin gestöhnt und den Kopf geschüttelt. Tue ich immer noch.

Die kleinen Seitenhiebe auf Fernsehen und die Abgestumpftheit der Bevölkerung dem gegenüber sind ganz nett (Geister kommen durch den TV ins Haus, Mutter ermahnt das kleine Kind sich nicht die Augen zu verderben, stellt den Sender um und eine ganze üble Kriegsdokumentation läuft, was für die Mutter aber völlig okay ist, etc.), retten den Film aber nicht im Ansatz. Für mich eine einzige Tortur – die Rezeption des Films kann ich mir nicht mal mehr über das Label “Klassiker” erklären, denn ich empfand den Streifen nah an unerträglich und kann den enorm häufigen hohen, bzw. Höchstwertungen nur mit Unverständnis begegnen.


Wertung
3 von 10 vergrabenen Skeletten


Weblinks
IMDB
OFDB
MOVIEPILOT
ROTTEN TOMATOES
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

2 Gedanken zu „Horrorctober 2014, Film #6: Poltergeist (1982)“

  1. Oh man, Poltergeist war mein erster Horrorfilm, den ich irgendwann viel zu jung nachts auf den Öffentlich-Rechtlichen gesehen habe.

    Ich hatte so verdammt viel Schiss!

    Wenn ich jetzt lese, was du so schreibst, sollte ich ihn besser nicht noch einmal sehen, sondern es bei meinen verklärten Erinnerungen belassen…

    1. Bei dieser Art von Film spielt das in meinen Augen eine große Rolle, wann, wo, wie und vor allem in welchem Alter man die das erste mal sieht. Ich konnte dem Film etwa ab Minute 30 leider gar nichts mehr abgewinnen, bin mir aber sicher, dass ich mich als zu junger Zuschauer mies gegruselt hätte..

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