Film: Eldorado (2008)


Trailer © by Indigo


Fakten
Jahr: 2008
Genre: Tragikkomödie, Roadmovie
Regie: Bouli Lanners
Drehbuch: Bouli Lanners
Besetzung: Bouli Lanners, Fabrice Adde, Philippe Nahon, Didier Toupy, Françoise Chichéry, Jean-Luc Meekers
Kamera: Jean-Paul de Zaetijd
Musik: Koen Gisen, Renaud Mayeur, An Pierlé
Schnitt: Ewin Ryckaert


Review
“Eldorado” das legendäre Goldland, welches Heerscharen an hoffenden Goldgräbern zu zehrenden Reisen ins Ungewisse verleitete, nicht selten ohne Wiederkehr – wenn ich mich nicht irre unter Anderem auch einen gewissen “Aguirre”.

Ob dieses kleine, triste, aber zudem auch höchst skurrile Roadmovie aus Belgien an die Abenteuerexpeditionen ins Ungewisse, doch eher den ebenfalls legendären Cadillac, oder – was aufgrund des Inhalts wahrscheinlich scheint – eine Mischung der beiden Legenden angelehnt ist, bleibt spekulativ, Fakt ist jedoch, dass Autorenfilmer (und Hauptdarsteller) Bouli Lanners eine zunächst hoffnungsvolle Geschichte von Aufbruch und Neuanfang (in einem Cadillac) erzählt, die sehr wohl mit dem Symbol der historischen Erkundungen Südamerikas auf Resonanz schwingt.

Der Autonarr Yvan kommt weder mit sich, noch seinen Mitmenschen, noch seinem Beruf in einer Werkstatt wirklich zu recht. Es läuft einfach nicht. Eines Nachts ertappt er eine ebenso driftende Seele beim Raubzug durch sein Haus. Aus der abgedrehten Konfrontation erwächst zaghafte Annäherung, aus dieser Annäherung (und geteilten Ziellosigkeit) ein gemeinsamer Aufbruch (in neue Welten?). Die beiden fahren gemeinsam zur Grenze, wo die Eltern des Heroinsüchtigen Einbrechers Didier wohnen, damit dieser mit ihnen ins Reine kommen kann.

Dass belgische Flachland fungiert schon fast als dritter Hauptcharakter und ist gezeichnet von schier endloser Leere, die gefühlte Ähnlichkeit zur nie enden wollenden Prärie der amerikanischen Spätwestern drängt sich förmlich auf. Ihr Vehikel der Wahl, ein klassischer Cadillac, wirkt auf den Straßen des Landes ebenso verloren wie das Innere seiner Fahrer. Unterwegs begegnen diese einer Handvoll Figuren, die dem Attribut “seltsam” eine neue Bedeutung verleihen, doch was auf diese charmant-verquerte Art recht amüsant beginnt, entwickelt sich schleichend zu einem trost-, irgendwie gar hoffnungslosen Drama, welches das Lachen schnell im Halse stecken und zum Kloß werden lässt. Was immer die belgische Einöde uns an Gesichtern und Kulissen vorsetzt, bei genauerem Hinsehen brodelt es hinter der Fassade – ein Blick dahinter eröffnet tiefe Abgründe: Verkommene Wohnwagen-Parks, die einer Post-Apokalypse entstammen könnten, gruselige Autosammler, die ihr Sortiment durch menschliche Kollisionsbeulen abrunden und zuletzt Didier’s Vater, der auch den letzten Funken Lebensfreude und Aufbruchsstimmung aus dem Zweigespann verdrängt. Kein Gold gefunden auf der Reise. Oder doch? Immerhin ist da auch Didier’s Mutter, ein einsamer Funken Güte im kargen Weltbild der Figuren.

Will ELDORADO uns sagen, dass die Dinge sich nur ins Reine bringen lassen, wenn man mit sich selbst ins Reine gekommen ist? Oder dass irgendwo in der zermarternden Einöde ein Sinn gefunden werden kann, der abhanden gekommen schien? Schwer zu sagen – für Yvan folgt auf Hoffnung Enttäuschung und auf neu gefasstes Vertrauen Verletztheit. Formal kein gutes Ende also, trotzdem scheint er am Ziel der Reise irgendwie zu sich gefunden zu haben. Ausbruch als Katalysator der (moderaten) Katharsis? Muss jeder für sich entscheiden.

Das klingt nun alles schwerer als es ist, denn beim Schauen der mit 80 Minuten optimal bemessenen Laufzeit wirkt ELDORADO keineswegs so bleiern, wie diese Zeilen es erahnen lassen – im Gegenteil, der ein oder andere Lacher sitzt, lediglich ein äußerst nachdenkliches Gefühl bleibt zurück und das ist gut so. Zwar war Lanners vielleicht ein bisschen ZU sehr vom offensichtlichen Vorbild Jarmusch inspiriert, dennoch hat er einen gelungenen Indie-Film gedreht.


Wertung
7 von 10 verbeulten Cadillacs


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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