Film: Once Upon A Time In Anatolia (2011)


Trailer © by Lighthouse Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2011
Genre: Drama, Kunstfilm
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Drehbuch: Nuri Bilge Ceylan, Ebru Ceylan, Ercan Kesal
Besetzung: Muhammet Uzuner, Yilmaz Erdogan, Taner Birsel, Firat Tanis
Kamera: Gökhan Tiryaki
Musik: –
Schnitt: Bora Göksingöl


Review
Ein faszinierender Film.
Doch was genau daran fasziniert, ist auf eine diffuse Art schwer zu greifen und noch schwerer in Worte zu fassen.

ONCE UPON A TIME IN ANATOLIA schafft es ab der ersten Minute durch seine nächtlichen Bilder voller totaler Einsamkeit und Isolation zu fesseln und mitzureißen. Eine Gruppe Männer ist in den trockenen Hügeln Anatoliens unterwegs und sucht einen Ort. Was an dem Ort wartet, warum sie ihn suchen, was sie zu finden glauben, ist nicht klar, sondern entspinnt sich in unglaublicher Langsamkeit und fast beiläufig. Irgendwie geht es um einen Mord und einer der Männer ist sogar der Mörder. In alltäglichen Gesprächen über Banalitäten lernen wir den Arzt kennen, den Kommissar, den Staatsanwalt. Stück für Stück. Ein Film der seinen Figuren folgt, anstatt sie wie so oft andersherum zu Sklaven eines abgesteckten Plots zu machen.

Der Trip von Kurve zu Kurve und Baum zu Baum zieht sich. Jedes neue Ziel stellt sich wieder als falsch heraus. Müdigkeit beginnt an den Männern zu nagen, die Geduld wird knapp. Und weit da draußen, zwischen Staub und Bergen, beginnt die Fassade langsam zu bröckeln. Je weiter sich die Gruppe in dieser leicht surreal anmutenden Zwangs-Reise von den sicheren Standbeinen ihres normalen Lebens entfernt, umso mehr kommt ihr wahres Gesicht zum Vorschein.
Im Nirgendwo bleibt Zeit in sich zu gehen. Es zwingt geradewegs dazu, ob man möchte oder nicht. Und was wartet dort?

Unterdrückte Ängste.
Aggressivität.
Müdigkeit.
Skepsis.
Schuld.

Ganz wenig vermittelt hier unheimlich viel.

Man nehme eine handvoll Menschen, werfe sie in eine ungewöhnliche Situation, doch betrachte eben nicht primär diese Situation, sondern warte darauf, was sie von sich preisgeben. Was aus ihrem Innersten an die Oberfläche schwappt. In diesem Aspekt, wie auch seiner wortlosen Langsamkeit, ähnelt Nuri Bilge Ceylans Film stark den Klassikern von Andrei Tarkovski. Sowohl formell, als auch von der emotionalen Antwort im Zuschauer. O.U.A.T.I.A. fühlt sich wie ein Traum an, leicht fiebrig aber doch angenehm und überraschend echt, weil man am Schluss sicher ist, hier echte Menschen gesehen zu haben.

Ein Film in dem ein langer eindringlicher Blick die Wucht eines minutenlangen Monologes hat (was natürlich auch dem vorbildlich agierenden Ensemble geschuldet ist). Ein Film in dem echte Natur die beeindruckendste aller nur erdenklichen Kulissen bietet (denn wer sucht, der wird sie finden, diese besonderen Orte). Ein Film, der auf Anhieb einen unerklärlichen Sog ausübt, den man jedoch erstmal (be)greifen muss, um das Gesehene irgendwie einordnen zu können.

Und zuletzt vor allem auch ein Film, der hoffen lässt, dass Ceylan’s mit der Goldenen Palme 2014 prämierter Nachfolger WINTER SLEEP so schnell wie nur irgend möglich einen deutschen Kinostart bekommt!


Wertung
8 von 10 vergebens gegrabenen Gruben


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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