Trailer © by Ascot Elite Home Entertainment
Fakten
Jahr: 2012
Genre: Dokumentation, Gang-Milieu
Regie: Robert E. Ball jr.
Drehbuch: Robert E. Ball jr.
Kamera: Robert E. Ball jr.
Musik: ?
Review
Die Dokumentation 213 -THE GANG PROJECT hat das Ziel gänzlich unwissenden Leuten einen Einblick in eine düstere Seite der Realität zu geben: Gangs in Los Angeles.
Anstatt wie viele andere Formate gezielt eine Bestimmte der vielen existierenden Gangs unter die Lupe zu nehmen, kommen hier Vertreter aus den drei großen Richtungen zu Wort – Latinos aus der “18th Street Gang” und einer anderen mexikanischen Organisation, ein afro-Amerikaner der “Bloods” und ein rechtsradikaler Anhänger der White Pride Gang “Nazi Low Riders”.
Und was die Vier plus ihre Frauen, Homegirls, Homeboys, usw. völlig selbstverständlich an Geschichten aus diesem anderen Universum namens “Hood-Life” zu erzählen haben, ist natürlich absolut krank. In völliger Selbstverständlichkeit wird über Morde an verfeindeten Gangbangern, gestorbene Homeboys, brutale Zwischenfälle jeglicher Art, Drive-by Shootings, organisierten Drogenhandel (im Knast und auf den Straßen), etc. etc. etc. geplaudert. Egal ob man sich mit dem Thema schon etwas mehr, oder so gut wie gar nicht befasst hat – was hier ans Tageslicht kommt schockiert aufs Extremste, ganz einfach weil es völlig frei eine menschenverachtende Weltsicht aufzeigt, von der die meisten wohl dachten, dass sie schlichtweg nur in Filmen, speziell Hood- und Rache-Thrillern existiert. Doch der Scheiss ist leider real und das vor allem in dem Land, was sich als die “Größte Nation auf Erden” bezeichnet. Diese Typen haben so viele Freunde durch Pistolenkugeln verloren, dass zwei Hände nicht zum Abzählen reichen und einige von ihnen sitzen wegen mehrfachen Morden im Gefängnis, ohne auch nur die geringste Reue zu zeigen – schließlich dienten ihre Verbrechen ja einer großen Sache, nämlich der Gang.
Doch obwohl das alles eine krasse Dosis Realität ist, kann man leider nicht sagen dass 213 – THE GANG PROJECT ein gelungener Film ist. Das ist zu großen Teilen der Darreichungsform der Informationen geschuldet – in einer Dokumentation zählt eben auch wie man etwas erzählt, nicht nur dass es für sich genommen interessant oder erzählenswert ist.
Der Macher Robert E. Ball Jr. zeigt seine vier Gangbanger, von denen zwei dauerhaft und die anderen immer mal wieder im Knast sitzen, etwa 90% der Zeit vor einem weißen Hintergrund und lässt sie erzählen. Das ist für sich genommen schon wenig ansprechend, wird aber zudem ständig von krankhaft auf stylish getrimmten Texttafeln unterbrochen, die mit nervigen Gunshots, abrupt einsetzenden Metal-Riffs und anderen “coolen” Klängen versehen sind. Teilweise wird die ruhige Stimmung der Interviews im Sekundentakt von penetranten Knarren-Schüssen und teils überflüssigen Erklärungen des gesprochenen Slangs aufgebrochen. Das macht optisch nichts her und nervt rein inszenatorisch ziemlich – daran ändert auch die Verlagerung der Monologe auf die Straßen der Gang-Territorien in den übrigen 10% der Laufzeit nichts. Denn auch da stehen die Protagonisten nur herum, bevorzugt am Corner-Spot und erzählen ihre Hood-Tales.
Was zum entscheidenden Punkt führt: Viele heftige Geschichten erzählen, kann zunächst einmal jeder und Autor/Regisseur Ball Jr. tut leider nicht mehr, als die Figuren erzählen zu lassen. Zwar dokumentiert er so einen Status (Quo?) der Gang-Kriminalität, aber es fehlen die richtigen, kritischen Fragen, die aus den Gang-Handlungen auch die Information über ihre (effektiven wie emotionalen) Folgen zu gewinnen. Zwar glaubt man den gezeigten Gangmitgliedern ihre Taten und ist zunächst, wie gesagt, unangenehm mitgenommen, aber ohne die hinterfragende Komponente bleibt 213 leider ein Film ohne Standpunkt zum Gezeigten. Das wäre okay, wenn mehr Fokus auf Entwicklung und Beweggründen der Gangster läge, anstatt nur den Zustand auf der Straße und in den jeweiligen Köpfen zu zeigen. Nach dem ersten Schlucken wäre die Frage: “Wie kommt es dazu, dass es so ist?” weitaus interessanter als die bloße Behauptung: “So ist es.” Und diese Frage wird leider nicht gestellt.
Im Gegenteil: Anstatt zu hinterfragen kippt 213 – THE GANG PROJECT oftmals gefährlich nah in Richtung der Glorifizierung. Durch die betont cool und stylishe Inszenierung – des Bildmaterials und der Gangmitglieder – entsteht nach und nach der Eindruck, dass der Macher dies alles tatsächlich auch ein wenig cool, oder zumindest faszinierend findet. Gegen den Impuls, die gezeigten Mörder (teilweise) irgendwann fast sympathisch zu finden, sie doch für recht normale Jungs zu halten, muss man sich als Zuschauer aktiv wehren. “I don’t judge the Gangbangers from the 213” sagt Ball Jr. gegen Ende aus dem Off – eine völlig richtige Einstellung, weil es immer lohnt hinter die Fassade zu schauen, anstatt direkt zu verurteilen. Aber eben auch eine Einstellung, die sich in dieser Doku durch charakterliche Ergründung, anstatt bloßer Zurschaustellung, ihre Legitimation hätte erarbeiten müssen!
Wertung
4 von 10 verherrlichten Verbrecher-Psychos
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
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