Film: Eine andere Frau – Another Woman (1988)


Trailer © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 1988
Genre: Drama
Regie: Woody Allen
Drehbuch: Woody Allen
Besetzung: Gena Rowlands, Mia Farrow, Ian Holm, Blythe Danner, Gene Hackman, Betty Buckley, Martha Plimpton, Sandy Dennis
Kamera: Sven Nykvist
Musik: Verschiedene Künstler
Schnitt: Susan E. Morse


Review
Wer bin ich eigentlich? Und vor allem WIE bin ich? Wie wirke ich und sehe ich mich tatsächlich so, wie ich bin, oder würden andere diese Frage völlig anders beantworten?

Selbstwahrnehmung versus Realität – eines der (vielleicht das) zentrale Thema in Allen’s Werk ANOTHER WOMAN aus den späten Achtzigern. Was anfangs lediglich wie ein Portrait einer Fünfzigjährigen mit diversen kleinen bis größeren Problemchen anmutet, entpuppt sich im weiteren Verlauf zu einer äußerst subtilen, umfassenden Reflektion des eigenen Standpunktes im Leben – für die Protagonistin Marion, ganz sicher auch für Allen, der den Film mit Anfang Fünfzig gedreht hat, wie auch als Aufruf an den Zuschauer sich selbst zu hinterfragen und dabei größtmögliche Ehrlichkeit walten zu lassen.

Marion denkt eigentlich, es sei alles in bester Ordnung. Oder zumindest okay. Die Beziehung zu ihrem zweiten Mann Ken ist zwar nicht völlig prickelnd, wird von ihr aber durchaus als solide angesehen, sie ist Professorin, die sich zum Verfassen eines Werkes aus dem Lehrgeschäft temporär zurückgezogen hat, die Beziehung zu ihrer Stieftochter ist angenehm und nah. Formell magelt es also an nichts. Doch durch eine, im Zuge von Marion’s anstehender Reflektion und Läuterung wohl beinahe schicksalhaft zu nennende Verkettung von Zufällen, gerät ihr sauber errichtetes Konstrukt aus Sicherheiten ins Wanken. Situation voller unbequemer Wahrheiten brechen plötzlich über sie herein: Ihr Mann, den sie ursprünglich noch als verheirateten Mann zu einer leidenschaftlichen Affäre verführte (vielleicht auch umgekehrt, dies wird nicht völlig klar), vermittelt ihr gezwungenermaßen, dass sie nicht mehr allzu viel Feuer in ihm auslöst, eine alte Freundin konfrontiert sie mit Jahre zurückliegendem Fehlverhalten, das sie jedoch vehement abstreitet (doch wie verhielt sie sich wirklich? Wie nehmen wir selbst unser Handeln war?) und Marion hört ihre Stieftochter, wie auch eine fremde Frau die sie kaum kannte, über sich sprechen – und zwar nicht in den Worten, die sie erwartet hätte.

Und liebt sie wirklich den Mann, den sie geheiratet hat? Und kann sie das Verhältnis zu ihrem Bruder, der sich immer ihr untergeordnet gefühlt hat nach jahren noch reanimieren?

Allen zeichnet eine Figur, die erkennt was ist, versteht dass dies ein Produkt aus dem großen Ganzen ihres Lebens ist und daher bereut was war, allerdings neuen Mut fasst, um zu ändern was kommt. Als Film, der Vergangenheit, gegenwart und Zukunft im Blick hat, ist ANOTHER WOMAN förmlich ein Aufruf dahin, zu sich selbst ehrlich zu sein, sich nichts vor zu machen, die Fasade mal fallen zu lassen und ungeschönt auf den Kern der eigenen Selbst zu schauen. Inszenatorisch, rein filmisch gesehen, ist Woody Allen zwar schon weitaus besseres gelungen (die Narration aus dem Off wirkt etwas holprig), im Kern liefert er hier aber einen sehr wichtigen und allem voran wohl sehr persönlichen Film, der verstärkt als Sinnsuche im eigenen Werk und Frage nach dem Weg, den es einschlagen soll, verstanden werden Kann. Das I-Tüpfelchen bildet eine der wohl schönsten Titelmelodien überhaupt. So geht feines Allen-Kino mit Substanz.


Wertung
7 von 10 gefundenen Identitäten


Veröffentlichung
EINE ANDERE FRAU ist bei 20th Century Fox als BluRay und DVD erschienen.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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