Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Concorde Film
Fakten
Jahr: 1991
Genre: Drama, Mystery
Regie: Krzysztof Kieślowski
Drehbuch: Krzysztof Kieślowski, Krzysztof Piesiewicz
Besetzung: Irène Jacob, Wladyslaw Kowalski, Halina Gryglaszewska, Sandrine Dumas, Aleksander Bardini, Jerzy Gudejko, Philippe Volter, Claude Duneton, Lorraine Evanoff
Kamera: Sławomir Idziak
Musik: Zbigniew Preisner
Schnitt: Jacques Witta
Review
Ein anfangs sehr vereinnahmendes, dann jedoch leicht erschlaffendes Verwirrspiel. Zunächst folgen wir einer jungen Frau namens Weronika in Polen. Sie singt, sie liebt, sie hat es am Herzen. Nach einer unangenehmen Wendung wachen wir plötzlich bei Véronique in Frankreich auf. Sie sieht gleich aus, ist ebenfalls Musikerin, liebt noch nicht und wird keine unangenehme Wendung erleben. Wer sind die Zwei und wie hängen sie zusammen?
Das finden wir in sehr künstlerischer Verpackung heraus – zumindest zu Teilen. Der intensiven Kombination aus Bild und Ton gelingt es eine Weile zu fesseln, fast schon zu bedrücken – was da kommen mag steht noch in den Sternen, ist aber eigentlich auch egal, denn dieser Film setzt auf Sinnlichkeit und ist zeitweise ganz wundervoll anzuschauen, da er einige wirklich intensive Momente, bzw. ganze Szenen enthält. Krzysztof Kieslowski und sein Kameramann Slawomir Idziak verstehen es definitiv schöne Bilder aus ganz alltäglichen Kulissen entstehen zu lassen, auch einige der inhaltlichen Ideen sind wirklich toll (speziell der “Lockruf” in Tapeform).
Zunehmend wechseln sich die einzelnen Momente von enormer atmosphärischer Intensität aber mit weniger (bis gar nicht) mitreißenden Passagen ab. Zwei Frauen sind irgendwie verbunden (vielleicht sind sie die Selbe Person/Seele/.. ?), spüren sich, reagieren aufeinander, leben ähnlich – doch das steht als isolierte Aussage im Raum und wird nicht weiter ergründet. Man begleitet V/We/éronique/ka beim Leben und schaut ihr beim Alltag zu – so simpel ist das. Ein wenig zu simpel.
Die Faszination dieses Films kann nur aus einer rein emotionalen Ebene gezogen werden – das klappt in der ersten halben Stunde ganz großartig, verläuft sich aber zunehmends, denn die ständig wechselnde die Stimmung trägt zu einer, gegen Ende leider stark unbefriedigten, inhaltlichen Erwartungshaltung bei – mal serviert Kieslowski unangenehm beklemmende Bilder (und vor allem Klänge), vermittelt also das Gefühl, man steuere auf etwas schlimmes, unheilvolles zu, mal wirkt der Inhalt (sowie auch die tolle Irène Jakob in ihrer Rolle) befreit und heiter. Nur, wo führt das hin? Im Endeffekt ist es alles und nichts. Minor Spoiler: Véronique wurde auf sehr kreative Art zu einem Mann gelockt, den sie schon von einer Marionettenaufführung kennt (tolle Szene übrigens), ist nun verliebt, lebt ansonsten aber wie vorher weiter und der Film ist vorbei. Aha.
Da fehlt eine Essenz, die man aus dem Werk ziehen kann. Ich grüble schon eine Weile, aber verstehe nicht, was LA DOUBLE VIE DE VERONIQUE mir sagen will, nicht emotional und auch nicht inhaltlich. Insofern wundert es sogar, dass ich mehr als drei Zeilen auf’s Papier bekomme, denn ich die Ratlosigkeit in Bezug auf den Sinn dieser Erzählung domniert. Was ist es, dass hier vermittelt werden soll. Was die Aussage? Warum ist die Kulisse so bunt wie ein Giallo ausgeleuchtet? Will Kieslowski in eine spirituelle Richtung?
Und damit diese fehlende (bzw. vielleicht einfach vor mir verborgen gebliebene) Essenz egal wäre, hätte sich in Herz und Bauch noch viel mehr regen müssen. So war ist Film eben “nur” ästhetisch hochwertig inszeniert, also ziemlich schön anzusehen, und von leichter Mystik durchzogen, aber dabei seltsam leer. Und immerhin kurz genug, dass diese Defizite nicht zum Problem werden. Da wäre (für mich) leider mehr drin gewesen.
Wertung
7 von 10 verbundenen Identitäten
Veröffentlichung
DIE ZWEI LEBEN DER VERONIKA ist bei Concorde Film als DVD erschienen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Nee, der von dir erwähnte Film sagt mir nix.
Mir fällt nur noch ein, dass der 9. Teil des Dekalog schon einiges aus den Zwei Leben der Veronika vorwegnimmt, von wegen herzkranke Sängerin und so. Ich habe den Film letztes Jahr zum ersten Mal gesehen und war ganz überrascht.
Ja, ich bin jetzt von den Film-begeisterten in den Netzwerken,etc. ausgegangen wo ich mich so rumtreibe. Da ist der Film auch nicht riesig bekannt, aber diejenigen die ihn gesheen haben, lieben ihn in der Regel. Ich habe auch Lust den nochmal zu sehen. Nur nicht sofort …
Und ja, meistens finden die Wong auch gut
Es kann auchs ein,d ass ich mit dem Motorradb was verdrehe. Da bin ich mir nicht sicher.
An die von dir beschriebene Szene kann ich mich übrigens ziemlich gut erinnern, weil ich nämlich durch sie dachte (oder vielleicht gehofft habe?) der Film würde noch einen ausgeprägten Mystery-Aspekt ausspielen, oder irgendwie mit der Figur der Frau arbeiten (wie z.B. in SYNECDOCHE, NEW YORK, fallas du den kennst, mit dem Mann der den Protagonisten sein halbes Leben lang beobachtet). Da kam dann ja leider nichts mehr..
Und wenn du noch mehr Anmerkungen, Ideen, Gedanken hast, bnitte nicht “genug nun”, sondern immer raus damit – ist doch schön über so einen Film zu plaudern!
So viel Geschwärme? Ich bin meistens auf Leute gestoßen, die den Film überhaupt nicht kannten, aber das waren halt meist “Normalsterbliche” und keine mit allen Wassern gewaschenen Filmfreaks.;)
Vielleicht tritt ja das Veronika-Schwärm-Gen gemeinsam mit dem Wong-Kar-Wai-Gutfinde-Gen auf, wer weiß…
An eine Szene, in der die Polin aus dem Fenster schaut und ihr Freund unten mit dem Motorrad wartet, kann ich mich gar nicht mehr erinnern, es kann aber sein – wenn man genau hinschaut, spiegelt sich links oben im Gesicht der Frau etwas Motorrad-Artiges (diese Spiegelei ist im Übrigen typisch für Kieslowski).
Ist dir aufgefallen, dass die Französin von einer Frau entgeistert angestarrt wird, als sie im Bahnhofsgebäude herumirrt? Das ist die Sängerin, die den Tod der Polin auf der Bühne erlebt hat.
Aber genug nun.
Dann geht es dir ja wie den meisten anderen auch.
Ich hatte über den Film nur mal ein par beiläufige Aussagen in nem Podcast gehört und wollte ihn deshalb mal sehen. Irgendwie kann ich mich (obwohl ich mir mit dem Text reichlich Reflektionszeit gelassen hab) immernoch nicht entscheiden, ob er mir vielleicht doch mehr gegeben hat, als mir auf Anhieb klar war.
Naja zumindest hab ich nach dem Schauen dann gesehen, dass der als kleines Meisterwerk gelobt wird und wohl totaler geheimtipp ist – überall nur 9/10 und 10/10 wertungen, schwärmerische Texte und Herzen
So gut fand ich ihn dann leider doch nicht, aber mir dämmert schon wie er einen “gefangen” nehmen kann – nur ist das leider bei mir nicht so recht passiert..
Das Bild hab ich einfach im Netz gefunden, dachte aber ebenfalls dass es die Szene ist. Oder die wo der Freund unten mit dem Motorrad wartet? Bin mir nicht sicher ..
Du meine Güte, den Film fand ich sooo toll, als ich ihn im Jahre 1999 das erste Mal sah und er zählt immer noch zu meinen Lieblingsfilmen, wobei ich ihn schon länger nicht mehr angeschaut habe. Die Musik ging mir damals durch und durch und es dauerte Jahre, bis ich den Soundtrack auf CD fand. Du weckst hier Erinnerungen…;)
Schönes Bild übrigens, das du da ausgewählt hast. Ist das die Polin, die auf die Straße hinunterschaut und eine alte Frau sieht, die sich mit Taschen abschleppt, oder welche Szene ist das?