Trailer © by STUDIOCANAL
Fakten
Jahr: 2014
Genre: Rachethriller, Action, Martial-Arts
Regie: Chad Stahelski, David Leitch
Drehbuch: Derek Kolstad
Besetzung: Keanu Reeves, Michael Nyqvist, Alfie Allen, Willem Dafoe, Dean Winters, Adrianne Palicki, Omer Barnea, Toby Leonard Moore, John Leguizamo, Lance Reddick
Kamera: Jonathan Sela
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Schnitt: Elísabet Ronaldsdóttir
Review
Wenn Filmemacher die Wirkung von Bewegung bis ins Letzte verstanden haben, wenn Gunfights anstatt (ab)stumpfe(nde)m Geballer einen kräftigen Hauch von Martial-Arts vermitteln und wenn schlussendlich aus handelsüblicher Action ein fließender, perfekt choreografierter Tanz wird… dann waren Experten ihres Fachs am Werk und ein mögliches Resultat ist dieser Film, der selbst einem sporadischen Action-Konsumenten wie mir genüsslich die Kinnlade herunter klappen lässt.
Dabei stellt JOHN WICK rein formell kaum mehr als die übliche Badass-Rache-Nummer dar: dem geläuterten Aussteiger aus dem unlauteren Sumpf schwerst krimineller Organisationen wird etwas wichtiges genommen, also geht er auf einen blutigen Feldzug, um die Verantwortlichen leiden zu lassen. Eine typische Bierdeckel-Handlung, die sich oft als öde und abgedroschen heraus stellt, auch weil meist nicht unbedingt die kompetentesten Filmemacher die Fäden ziehen. Hier jedoch liegt eine leicht veränderte Ausgangssituation vor, denn die zwei hauptberuflichen Stunt-Koordinatoren Chad Stahelski und David Leitch bekamen von Keanu Reeves das Skript gepitcht, stellten fest dass der Stoff sich perfekt als reines Action-Vehikel anbietet und beschlossen mutig: Verdammt, das machen wir einfach selber! Gute Entscheidung, denn ihr Regie-Debut hat es in sich.
Ziemlich schnell fällt auf, wie extrem stilsicher JOHN WICK vollkommen überstilisiert ist – nachdem ein paar russische Gangster wegen eines Streits um seinen Ford Mustang nachts in Wick’s Wohnzimmer stehen, seinen Hund (das letzte Geschenk der verstorbenen Frau) brutal ermorden und mit besagtem Auto stiften gehen, ist der Ex-Killer schnell wieder tief in New York’s Unterwelt, einem Metier, dem er eigentlich vor Jahren den Rücken gekehrt hatte – und diese Welt entfaltet durch die Art der Inszenierung eine ganz eigene Wirkung: farblos, kalt, vollkommen frei von sämtlichen Emotionen abseits der Gier und des Hasses. Die Entsättigung des Bildes wird bis zum Anschlag ausgereizt, Wick und die Ziele seiner Rächer-Mission bewegen sich durch trist-graue Straßenschluchten, die nur gelegentlich von sterilem Neonlicht erhellt werden. Im Gegensatz zu 90% aller anderen Genrefilme in diesem Gewand, machen derartige visuelle Entscheidungen hier jedoch enorm Sinn: Fast wirkt dieses rechtsfreie Land der Auftragsmörder und Mafiosi wie eine bedrückende Schattenwelt. Andere Regeln, andere Gesetze, eiskalte Killer harren im rettenden Hafen eines neutralen, offiziell Anschlags-freien Hotels aus, um ihre Wunden zu heilen und den nächsten Hit zu planen – dubios, wie eine geheime Ebene der Realität, die weitgehend unbemerkt tief unter dem “normalen” Leben besteht. Style-over-Substance geht anders, denn dieser Style ist zielgerichtet, er will ein Gefühl erschaffen. Starkes Visual-Design.
Wie Wick sich im Folgenden auf dem Weg zum Ziel seines Zorns, dem Sohn seines früheren Auftraggebers, welcher durch Wick’s Schaffen zum Big Boss der New Yorker Russenmafia wurde, durch Nachtclubs schießt, mit Messern kämpft und Autos als Schlag-Werkzeuge zweckentfremdet, teilt so knallhart aus, dass es bereits beim Zuschauen weh tut. Zwar nimmt der Film in seinem Setting auch diverse Genre-Tropes mit, vom Ex-Killer bis zu den Ostblock-Gangstern, doch die für den Film-Genuss tatsächlich störenden, spart er konsequent aus: Der wortkarge Wick ballert nicht wahllos Magazine leer, hält keine unnötigen Reden vor am Boden liegenden Feinden und agiert auch sonst maximal effektiv – wer ihm im Weg ist, beißt ins Gras. Sofort. Keine Kompromisse. Die resultierenden Fights beeindrucken schwer – Judo-Würfe, wuchtige Handkantenschläge und präzise Kopfschüsse verschmelzen zu einem Amalgam der fließenden Bewegung, die Kamera fängt es perfekt ein. Kein Schnittgewitter, kein Wackelterror, der Blick des Zuschauers wird so klar geführt, wie Wick jeden seiner Gegner sofort mit drei Schüssen ausschaltet. Stark dabei ist, dass Keanu Reeves so gut wie alles selbst drehte, dafür im Vorfeld Monate an Vorbereitung in Kampf-, Schuss- und Fahrtraining investierte und vom zuständigen Department sogar auf seinen Stil maßgeschneiderte Choreografien entwickelt wurden. Hut ab, er überzeugt voll!
Natürlich ist JOHN WICK extrem brutal und tatsächlich eiskalt, fast zynisch in seiner Gewalt – keine Träne wird hier an einen der (wahrscheinlich an die hundert) ausgeschalteten Mafia-Schergen verschwendet, Gewalt als Mittel zum Zweck bleibt unhinterfragt. Doch erstens will JOHN WICK von Anfang an nie mehr als ein geradliniges Action-Killer-Thriller-Flick sein – von moralischer Ambivalenz gar nicht erst zu reden – zweitens tut diese Straightness dem Film enorm gut, weckt sie schließlich Erinnerungen an die guten alten ein-Mann-Armeen der 80er und drittens: die Typen haben schließlich auch verdammt noch mal seinen Hund getötet – welcher Ex-Killer soll da noch ruhig bleiben? Und so ist JOHN WICK ein kurz und knackiger, fantastisch choreografierter Gun-Actioner, der in den Showdowns glücklicherweise trotz des immensen Bodycounts genug auf dem Boden bleibt, um auch schnell überforderte semi-Action-Liebhaber wie mich nicht zu verlieren. Einzig der großartige Willem Dafoe als Gegenspieler Wicks hat wenig zu tun und wirkt daher mehr oder weniger verschenkt, doch ansonsten holen die zwei Regisseure das Maximum aus ihrem Setting raus. Frisches Ding.
Wertung
7-8 von 10 ausgeschalteten Gangster-Schergen
Veröffentlichung
JOHN WICK ist bei STUDIOCANAL als BluRay Steelbook, BluRay, DVD und VoD erschienen. Die Discs kommen mit Wendecover, im Bonusmaterial befinden sich ein Making of, der Audiokommentar von den Regisseuren, 6 Featurettes, u.a. über die Stunts und den Look (insgesamt fast 1h und sehr informativ!) und Trailer.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Frisches Ding. Klingt gut. Wird vorgemerkt.
Ist echt kurzweilig, sytlisch und brachial – Wer einigermaßen auf Shootout und Martial-Arts Action steht, wird da sicher nicht enttäuscht!