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Film: L’auberge Espagnole 3: Beziehungsweise New York – Casse Tête Chinois (2014)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Romanze, Komödie
Regie: Cédric Klapisch
Drehbuch: Cédric Klapisch
Besetzung: Romain Duris, Audrey Tautou, Cécile De France, Kelly Reilly, Sandrine Holt, Li Jun Li, Sharrieff Pugh, Amin Djakliou, Clara Abbasi, Jochen Hägele
Kamera: Natasha Braier
Musik: Christophe Minck
Schnitt: Anne-Sophie Bion


Review
Erstmal tief durchatmen und den Anwärter auf den desaströsesten deutschen Verleihtitel 2014 verdauen. Bis drei zählen, eine Tasse grünen Tee trinken, Puls senken. Ruhig werden. Funktioniert, also los: Zum dritten Mal schickt Cédric Klapisch den bunten Haufen um Romain Duris, Kelly Reilly, Audrey Tautou und Cécille de France ins Rennen. Und zum dritten Mal stellt sich der arme Xavier die entscheidende Frage: “Warum ist mein Leben so verdammt chaotisch?

Zu Recht, denn das ist es wirklich. Wüst, unorganisiert, chaotisch – wie ein Puzzle, dass man aus der Packung einfach auf den Tisch kippt, ein Berg aus vollkommenem Durcheinander, dessen Lösung weit, weit entfernt, wenn nicht gar unmöglich erscheint. Wir erinnern uns: So ging es ihm schon immer – kein Wunder, denn ein wenig geht es doch jedem von uns so – bei Xavier kam jedoch so einiges zusammen: Ziellos irrte er umher, seine Bestimmung suchend, die richtige Frau suchend und SINN im Leben suchend. Mit durchwachsenem Ergebnis.

Nun sind zehn Jahre vergangen, Xavier ist fast 40 und hat sich verändert. Und auch die Welt hat sich verändert, dreht sich NOCH schneller, alles – Job, Beziehungen, Leben – findet NOCH globaler statt, Ordnung zu finden und halten ist NOCH schwieriger geworden, weil die Uhren immer schneller ticken. Und dennoch stelten diese letzten zehn Jahre eine Phase dar, in der Xavier endlich mal ein wenig Struktur, Halt und Sicherheit gefunden hatte. Mit Wendy eine Familie und ein Leben in Frankreich aufgebaut, zwei Kinder bekommen, als Autor langsam die Erfolgsleiter hoch geklettert. Zu schön um wahr zu sein und daher nur bis an den Punkt existent,  an dem Wendy unter all dies gefundene Glück einen abrupten (sich aber, von Xavier unbemerkt, schon lange anbahnenden) Schlussstrich zieht.

Bittere Streits leiten den Anfang vom Ende ein – mehrsprachig werden harte Anschuldigungen hin und her geworfen – es fliegen die Fetzen und schlussendlich trifft Xavier eine intime, für ihn selbstverständliche, für Wendy intollerable Entscheidung. Der vorhande Spalt zwischen den beiden zerbricht zu einer unüberwindbaren Kluft und entzweit sie. Wendy gibt es zu, sie habe eh schon lange überlegt, sogar schon einen anderen Mann kennengelernt und Xavier steht wieder am Anfang – alles auf Null. Vom Chaos begraben.

Was CASSE-TÊTE CHINOIS uns im Folgenden erzählt, ist wieder primär eine skurril-amüsante Komödie über Beziehungen und die Probleme im Leben Fuß zu fassen. Dank eines feinfühligen Skriptes und präziser Beobachtung der Welt in der wir leben, erzählt Filmemacher Klapisch uns hier aber noch so viel mehr, als nur eine kleine Geschichte über die Liebe. Liest man zwischen den Zeilen, so handelt der Film primär davon, wie die Welt sich verändert hat und wie es zur unüberwindbaren Hürde werden kann, mit dieser Veränderung mitzugehen. Heimat existiert immer weniger in unserer Gesellschaft, die nicht selten Menschen für ihre Jobs pausenlos um den halben (bzw. ganzen) Globus jetten lässt – sich niederzulassen, zu binden an einen Ort, fällt immer schwerer. Wie auch die Bindung an einen Menschen – immer kleiner wird die Hemmschwelle “Das war’s!” zu sagen, um mit sich selbst und der eigenen Agenda weiterzumachen.

Davon erzählt uns Klapisch im dritten Teil der L’AUBERGE ESPAGNOLE-Reihe. Von falschen Entscheidungen, die zu den richtigen Folgen führen können. Von Xavier der seinen Kindern nach New York City hinterher reist und dort als Fremder ankommt. Überhaupt davon wie Menschen heute ständig irgendwo fremd sind, in einer puzzleartigen, globalisierten Welt, in der Selbstfindung immer mehr eine Rolle spielt und Bindung immer weniger. Und in der der Ferne Osten schon lang nicht mehr fern, sondern ein dauerhaft präsenter global Player ist – nicht zufällig kommt Xavier in Chinatown unter und begegnet China auch sonst an jeder Ecke.

Das alles ist wirklich unglaublich humorvoll umgesetzt, ohne dabei die Ernsthaftigkeit seiner Themen aus dem Blick zu verlieren und mit viel Kreativität und Liebe zum Detail inszeniert. Der Film arbeitet gekonnt mit dem Kontrast von Sprache – Englisch, Französisch, Chinesisch, Spanisch, oft im bunten Mix durcheinander (ich mag mir gar nicht ausmalen, wie hier durch die Synchronisation für den deutschen Markt wirklich jeglicher Charme verloren geht), sprudelt zudem geradezu vor tollen inhaltlichen Ideen (Philosophen, Tagträume, etc.) und visuellen Spielereien, wirkt aber in keinem Moment überladen und versprüht ausserdem durch seine stimmungsvolle Kamera einem wundervollen NYC-Charme, allerdings ohne dabei auf platte Touristik-Motive zurückgreifen zu müssen.

Ein Film, der durch seine ganz eigene leichtfüßige Art direkt im Herzen ankommt – erfrischend, denn RomCom mit Stil gibt es nicht oft.


Wertung
8-9 von 10 leichtfüßig eingefangenen Sinnkrisen


Veröffentlichung
BEZIEHUNGSWEISE NEW YORK ist bei STUDIOCANAL als BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: Making of, Interviews, Trailer. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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