Trailer © by Concorde Film
Fakten
Jahr: 2014
Genre: Drama, Episodenfilm
Regie: Lars Von Trier
Drehbuch: Lars Von Trier
Besetzung: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Uma Thurman, Christian Slater
Kamera: Manuel Alberto Claro
Musik: Originalmusik
Schnitt: Morten Højbjerg, Molly Marlene Stensgaard, Jacob Secher Schulsinger
Review
Ich habe im Vorfeld (wie ich es in letzter Zeit aufgrund der massiven Trailer-Spoilerei immer mit Vorfreude-Filmen handhabe) ganz bewusst alles ignoriert, was mit von Trier’s NYMPHOMANIAC-Projekt zu tun hatte. Trailer nicht angeguckt, Poster, Bilder, Screenshots ignoriert, News nicht gelesen, Plot-Infos überlesen. Einfach all dies ausgeblendet, weil überbordende PR mir eben IMMER auf den Sack geht, egal ob es Supermanfilm XY oder der neue von Trier ist.
Ich schätze aber, auch wenn ich alles mitgenommen hätte, wäre eine Einstufung dessen was mich erwartet absolut unmöglich gewesen. Trier halt. Einzig der Heckmeck um die Schnittfassungen, die Aussagen zum vielen Rumgevögele und die personelle Aufstellung des tollen Casts, hatte ich mitbekommen – also weiterhin keine Ahnung was mich erwarten würde.
Aber das letzte was ich gedacht hätte ist, ist dass der erste Teil des Films zu 90% eine waschechte schwarze Komödie wird! Denn nachdem ich gestern nun der OmU-Vorpremiere der 122 min Fassung beigewohnt habe (und auch am Tag danach nicht so recht weiß, was ich vom Filmchen bis jetzt halte), ist das vorherrschende Gefühl bei mir eine freudvolle Amüsiertheit (auch wenn leichter Frust sie überlagert, aber dazu später mehr). Joe ist am Ende, trifft Seligman und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte – das ist es was im Film passiert und auf skurrile, schwarze und teils makabere Art und Weise ist dieses lange, in Kapitel eingeteilte Gespräch extrem humorvoll gemacht. Stellan Skarsgard (als Seligman) droppt unfassbar trockene Kommentare und Vergleiche, die völlig irre Zusammenkunft mit Miss H, toppt einiges an vergangener Trier’scher Irrheit und die Selbstverständlichkeit mit der Joe’s sexueller Werdegang mit Angeln, Musik, etc. gleichgesetzt wird kann wohl nur ein von Trier bringen. Alles unheimlich schräg und ulkig, das sah ich so und das sah der Rest des Kinos ähnlich.
Was mir diese erste Hälfte ansonsten bis jetzt gegeben hat, was sie mich denken lässt und wie ich sie unterm Strich einordnen würde, ist mir aber nicht recht klar. Fest steht: Von Trier kann verdammt nochmal inszenieren! Der Film sieht fantastisch aus und ist von höchst kreativen Ideen durchzogen – sowohl inhaltlich (z.B. in Bezug auf besagte Verwebung von Seligman’s Geschichten und Joe’s Exzessen), als auch optisch (Einschübe von Fremdmaterial, Hilfslinien beim Einparken, etc.). Leider empfand ich die Art der Darreichung, trotz aller Verspieltheit, etwas dröge. Gainsbourgh (die endlich mal etwas Fleisch an den Wangen hat und nicht mehr wie eine Krähe aussieht) als Joe sitzt den Film lang auf dem Bett und erzählt die ersten fünf Kapitel ihres Werdegangs. Das bringt viel statischen Dialog, viele Off-Kommentare in den Sequenzen und viel Stille zwischendrin mit sich – somit besteht leider ein gewisser Hang zur Totzeit, die der Inhalt nicht immer zu kompensieren weiß.
Leichte Zwiegespaltenheit in Bezug auf den Erzählfluss.
Vor allem aber Stimmungs-technisch, lässt mich NYMPHOMANIAC VOL.1 zwiegespalten zurück. Der Beginn wirkt geheimnisvoll, bedrückend und wie wir es vom Regisseur kennen, genau dieses kleine, notwendige Stück der Normalität entrückt – es ist klar, dass hier etwas nicht stimmt und Schlimmes auf uns zurollt. Ein kurzer Tease, der andeutet wo es mal hingehen könnte, dann wechselt die Atmosphäre erst einmal zu locker-leicht und verbleibt (bis auf das sehr Trier’sche, in S/W gedrehte Chapter 4: “DELIRIUM”) dort für den Rest des Films. Das wirkt in Anbetracht von Macher und Thema (zumindest auf mich) sehr befremdlich. Aber: die Aussage “für den Rest des Films” ist genaugenommen auch nicht richtig – NYMPHO 1 ist schließlich gar kein Film! NYMPHO 1 ist die erste Hälfte eines Films und es ist eine Frechheit, dass wir gezwungen sind, unser Geld in Kinokarten für halbe Filme zu investieren, denn im Gegensatz zu ähnlichen Zweiteilern (zu lang, deshalb gesplittet, z.B. KILL BILL VOL. 1 & VOL. 2), kann er allein für sich nicht bestehen und fordert vehement ein, VOL. 2 unmittelbar hinterher zu schieben. Es fühlt sich an, als schalte man einen Film (genau an dem Punkt, wo es interessant wird) einfach aus. Frustrierend, vor allem da der letzte Satz quasi Joe’s Untergang einleitet und die Ausblicke im Abspann dies bestätigen.
So bleibt leider nur ein unbefriedigtes Gefühl (+ Ärger auf die Verleihe), die absolute Unfähigkeit eine alleinstehende Wertung bzw. ein wirkliches Review/Kritik auszusprechen und eine starke Frustriertheit zurück.
Wertung
6 von 10 halben Filmen, die auch durch die zweite Hälfte nicht besser werden
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Ohh schade, ich freu mich wahnsinnig auf den …
Ui, wenn du hier schon “oh, schade” schreibst, dann ließ mal die Review zu Teil II Ich veröffentliche ja aktuell einen Haufen älterer Beiträge neu und hab das hier damals nach dem Kino geschrieben. Hab immer mal überlegt, ob ich den “in eins” nochmal gucken soll.. Aber wenn ich dran denke langweile ich mich. Vielleicht mal im Rahmen einer von Trier-Werkschau.