Film: The Rum Diary (2011)


Trailer © by Universum Film


Fakten
Jahr: 2011
Genre: Satire, Gesellschaftskritik, Biopic
Regie: Bruce Robinson
Drehbuch: Bruce Robinson
Besetzung: Johnny DeppAmber Heard, Giovanni Ribisi, Aaron Eckhart, Michael Rispoli, Amaury Nolasco, Marshall Bell, Bill Smitrovich
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Christopher Young
Schnitt: Carol Littleton


Review
Viele gute Ansätze, ein kritischer Grundton und der Hauch einer Idee von Wesensfindung des Journalisten Hunter S. Thompsons schwingt mit – dem gegenüber steht viel verschenktes Potential, viel Oberflächlichkeit, die weiterer Vertiefung bedurft hätte und viel narrative Holperigkeit die RUM DIARY im Resultat (zu) unrund erscheinen lässt.

Etwa 60 Jahre nach der Besetzung Puerto Ricos durch die Amerikaner reist der junge Thompson ein. Um Geld zu verdienen. Fließbandarbeit für ein lokales Schundblatt abzuliefern – eine Zeitung, ganz in BILD-Manier auf die sensationslustig-flachen Bedürfnisse der amerikanischen „Touristen“ zugeschnitten: ernsthafter Journalismus, kritische Positionen, stichhaltige Recherche? Alles unerwünscht, stattdessen wird geliefert. Gern Fotos von dicken, schwitzenden amerikanischen Bowling-Champs, umrahmt mit inhaltsleeren Interviews. Frustriert von dieser banalen Schreiberei, doch im Hinterkopf immer vom Drang nach ernsthafter, sinnvoller Arbeit getrieben, gibt sich Thompson zunächst ganz dem verlotterten Lebensstil seiner Kollegen hin, der titelgebende Rum fließt – nicht zu knapp – die Augen und Ohren sind auf Durchzug gestellt.

Bis Thompson, als Folge einer Verkettung unglücklicher Zufälle in die Schlingen einiger mächtiger, halb- bis vollkrimineller Strippenzieher gerät und immer mehr realisiert, auf welch widerliche Weise die amerikanische Kolonialmacht die Kuh melkt. Oder eher: voll dabei ist sie zu schlachten und ausbluten zu lassen. Die Einheimischen leben im Dreck, in Armut, in Perspektivlosigkeit – die Amerikaner hingegen erfreuen sich an Palmenstränden, malerischen Kulissen und sind vollauf damit beschäftigt Gesetze zu umgehen, um noch mehr Hotelkästen an die Küsten zu pflanzen – die Dollars klingeln in der Kasse. Thompson will aufdecken, anprangern, bloßstellen.

Dieser Wandel der Figur (unter dem Alter Ego Paul Kemp portraitiert) ist, trotz knisternder Liebelei als Nebenplot und offenkundiger Systemkritik, der zentrale Inhalt von THE RUM DIARY. Der versoffene Lebemann ohne Orientierung merkt immer mehr, wie die Welt um ihn tickt, was Menschen für Geld tun und wie abartig sie handeln um ihren Profit zu optimieren – das veranlasst ihn letztendlich zum Rebell zu werden, dies Alles nicht mehr tatenlos hin zu nehmen. Diesen Wandel transportiert THE RUM DIARY, schade jedoch, dass weitere Facetten Thompsons, die Stationen seiner elementaren Veränderung und auch sein Profil gegen Ende weitaus stärker hätten ausgearbeitet werden können. Anfangs ist er oft betrunken. Wirklich Einfluß auf ihn, seine Arbeit, sein Umfeld hat das nicht, dient später lediglich als Initiator eines Kurzaufenthalts vor Gericht. Ein wenig mehr Ziel- und Orientierungslosigkeit, also aus der Sauferei resultierendes Chaos, hätte nicht geschadet. Nach und nach kommt er dem Treiben der Anzugträger auf die Schliche, doch ob sein Wandel schleichend passiert, oder es den einen entscheidenden Moment gibt, in dem es KLICK macht, bleibt leider Spekulation und schwammig – wie die Erinnerung an eine Nacht voll Rum.

Ein wenig fehlt der Inszenierung generell die Stringenz, das richtige Tempo und der Charakter. Mal ist THE RUM DIARY witzig, mal ernster, mal etwas konfus, doch so ganz können diese Stimmungen nicht kombiniert und als ein Ganzes transportiert werden – nicht selten holpern Szenen vor sich hin, ziehen sich und lassen im Nachhinein den Eindruck leichten Leerlaufs und aufkeimender Zähigkeit zurück. Optisch ist das Werk allerdings – dank ausgeprägtem Karibik-Flair, tollen licht-durchfluteten Aufnahmen und präziser Kamera – durchweg gelungen und macht einfach Spaß. Trotz einiger Defizite ein Film den man sich auch gut ein zweites Mal ansehen kann, nicht zuletzt aufgrund von Johnny Depp, Michael Rispoli und Aaron Eckhardt, die allesamt ein starkes und überzeugendes Schauspiel liefern.


Wertung
6 von 10 halbvollen Rum-Pullen


Veröffentlichung
THE RUM DIARY ist bei Universum Film als BluRay und DVD erschienen. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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