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Dokumentation: In Den Tiefen Des Infernos – Into The Inferno (2016)


Titelbild & Trailer © by Netflix


Fakten
Jahr: 2016
Themen: Vulkane, Mythologie, Forschung
Regie: Werner Herzog
Konzept: Werner Herzog
Kamera: Peter Zeitlinger
Schnitt: Joe Bini


Review
Feuerrot glühendes Magma in Großaufnahme – unablässig brodelt es, ist in Wallung, scheint ein geheimnisvolles Eigenleben in sich zu tragen. Die Luft zittert, ein fremdartiges Grummeln und Poltern liegt in der Luft, bildet ganz eigene, fremd anmutende Modulationen, gipfelt in ohrenbetäubendem Getöse, nur um direkt wieder auf das vorherige, nie enden wollende Level abzufallen. Und im Feuer gehen Formen ineinander über. Immer auf’s Neue, außerweltlich mutet es an, wie sie sich ohne Regeln oder klaren Rhythmus fressen und nahtlos neues gebären, das von kurzem Bestand ist. Doch wie lang? Vielleicht nur für Sekunden, vielleicht Tage, vielleicht Jahrmillionen? Niemand kann das sagen, aber eines ist sicher – für die Ewigkeit ist keine dieser Formationen geschaffen.

Vielleicht ist es die offensichtliche Nähe zu den lodernden Szenarien, die die christliche Lehre (und somit in hiesigen Kreisen, ob man will oder nicht, auch die Allgemeinbildung) uns in apokalyptischen Gemälden als das ewige, qualvolle Feuer der Hölle präsentiert, vielleicht auch, ganz unterbewusst, der der Natur der Sache inhärente Blick zurück durch die Zeit, der uns die eigene Unbedeutsamkeit und Endlichkeit bewusst macht, weil dieses Brodeln schon seit Millionen, oder sogar Milliarden von Jahren gleichgültig vor sich geht geht und uns, die gesamte Menschheit, um Äonen überleben wird – die Gründe des Wirkens dieser Motive sind subjektiv und eigentlich auch egal, denn Fakt ist, dass der Anblick der brodelnden Lava-Massen in Werner Herzog’s neusten Dokumentarfilm IN DEN TIEFEN DES INFERNOS starke Gefühle auslöst. Für eine überwältigende, ehrfürchtige, oft fast beklemmende Stimmung sorgt. Und somit stellvertretend für die Wirkungsweise des gesamten Films, vielleicht ssogar Herzog’s gesamten Werkes steht.

Denn dieser ist bekannt für einen besonderen, vielleicht einzigartigen Blick auf die Welt und den Menschen, der uns immer wieder ungewöhnliche Dokumentarfilme über ungewöhnliche Individuen oder Themen beschert. Dies sind Filme, die ganz entgegen der gemeinen Forderungen nach neutralen Dokumentationen durch Herzog’s (wortwörtliche) Erzählstimme vor allem WIRKEN sollen. Seine subjektive Faszination, sein Stirnrunzeln, oder seine tiefe Leidenschaft vermitteln sollen. Interesse und Neugier treiben seine Werke weit stärker an, als es Fakten oder Informationen tun.

So auch hier – man mag zunächst denken in IN DEN TIEFEN DES INFERNOS ginge es natürlich offenkundig um mächtige Vulkane, doch Herzog wählt – anstatt uns in einem verfilmten Wikipedia-Eintrag lediglich plump zu erklären was sie sind, wie sie funktionieren und wo die größten stehen – erneut den weniger offensichtlichen Weg, ist primär an Menschen, Mythen und Emotionen, statt an Wissen interessiert und biegt zu diesem Zwecke in der Erzählung immer wieder in gänzlich unerwartete Richtungen ab. Der Mythos Vulkan ist der eigentliche Kern, das wissenschaftliche System Vulkan hingegen wird trotz involvierter Wissenschaftler nur kurz angerissen. Weil es Herzog spannenderes wittert. Weil er am Wegesrand immer wieder Bruchstücke wahrnimmt, die eine tiefere Ausleuchtung, wenn nicht gar einen eigenen Film verdienen – nicht umsonst hat er das Team Wissenschaftler, welches er hier erneut begleitet, vor über zehn Jahren bei den Dreharbeiten zu BEGEGNUNGEN AM ENDE DER WELT kennengelernt.

Fünf aktive Vulkane, vom ewigen Eis über die Philippinen bis nach Nordkorea verstreut über die ganze Welt, sind die Anlaufpunkte der Reise, doch die beeindruckenden Bildern eruptiver Ausbrüche und kochender Lava, nutzt der Film nur immer wieder, um die Aussagen seiner Protagonisten fühl- und erlebbar zu machen. Herzog will zum Lebendigen, fängt die anorganischen Welten des flüssigen Steins als eben dieses ein und dringt schnell in tief menschliche Gefilde vor. Wie haben die Vulkane das Leben der Menschen beeinflußt? Unser aller Leben? Was hat junge Forscher dazu gebracht, ihnen ihr gesamtes Leben zu opfern, was die Chiefs eines kleinen Inselstaates dazu, trotz aller Gefahren Nächte im Krater zu verbringen, welche Kette von Ereignissen stoßen die rauchenden Berge an, die nun 100.000 Jahre später Forscher im äthiopischen Wüstensand kriechen lässt?

Die einen suchen Erkenntnis, die anderen finden im Vulkan einen neuen Gott, von dem sie sich sich spirituelle Erleuchtung erhoffen, die nächsten sehen in ihm das Mittel, um einen Hauch Freiheit zu atmen – sie alle eint eine tiefe, kaum in Worte zu fassende Faszination. Und so finden wir uns inmitten von Naturvölkern wieder, in der Wüste zwischen skurrilen Forschern, die die ersten Menschen in alten Vulkan-Tälern suchen, oder sogar in Nordkorea, wo ein Vulkan seinen festen Platz in der sozialistischen Propaganda hat, weil der “große Führer” angeblich auf ihm weilte, bevor er die Volksrepublik ausrief.

Wo auch immer wir Menschen treffen, die der Berg geprägt hat, schafft Herzog durchweg Momente, die etwas besonderes in uns auslösen – von Interesse, über ungläubige Skepsis, bis zu Ehrfurcht und Staunen – und so ist IN DEN TIEFEN DES INFERNOS ein oft meditativer, (trotz aller meiner Beschreibungen von Herzog’s eigener Gewichtung) auch informativer, aber dabei immer tief menschlicher Film geworden. Stark.


Wertung
8 von 10 ewigen Brodel-Schloten


Veröffentlichung
INTO THE INFERNO ist bei Netflix verfügbar.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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Kurz-Review Round-Up: August 2015 (Kings Of Summer, Hectors Reise Oder Die Suche Nach Dem Glück)

Krass: Ein Blick in mein Filmtagebuch zeigt mir, dass der August 2015 mein Filmschwächster Monat seit mindestens drei Jahren war. Allerdings führt mir das nur umso mehr vor Augen, wie effektiv ich in meinem Urlaub das schöne Wetter genutzt habe – draußen sein, Sport treiben und die Sonne genießen lag in der Priorität weit über extremem Couching und Filme gucken. Die aufgekommene ORANGE IS THE NEW BLACK-Sucht ist aber wohl auch nicht unschuldig. Immerhin hab ich mit CUBE (für die Besprechung im Podcast) und LOVE EXPOSURE zwei hoch geschätzte Lieblingsfilme geschaut und mit dem Film aller Filme VICTORIA einen neuen dazu gewonnen. Gute Ausbeute. Viel blieb allerdings für kurze Vorstellungen (die irgendwie auch gar nicht so kurz geworden sind) nicht übrig.



Trailer © by STUDIOCANAL


Kings Of Summer (Jordan Vogt-Roberts, Independent-Film, USA, 2013)

Review
Eine kleine, knuffige Indie-Produktion über das Aufwachsen und den Durst nach Unabhängigkeit. Regisseur Jordan Vogt-Roberts taucht die entschlossene Flucht dreier gänzlich unterschiedlicher Jungs in die schützende Verborgenheit ihres eigenen, geheimen Waldstücks, in warmes Licht und belebende Klänge. Endlich frei sein, endlich den dauerhaft plappernden, schlecht gelaunten Eltern entkommen, endlich auf eigene Faust den schönen Duft des Lebens schnuppern. Dabei gleicht KINGS OF SUMMER (vor allem in puncto “Realismus” des Gezeigten) weit mehr einem Märchen, als der Betrachtung realer Möglichkeiten: Die malerischen Bilder der unberührten Natur (inmitten derer die drei sich ein komplettes Haus errichten), das ausgiebigst-ausrastende Herumalbern und nicht zuletzt die (selbstverständlich der Jugend innewohnende) völlige Gleichgültigkeit, ob das neue Lebensmodell zu irgend etwas führen kann und wird – viele einzelne Charakteristika addieren sich zu einer ganz bestimmten Art Film: Dem Versuch ein Gefühl einzufangen. Kurz-Review Round-Up: August 2015 (Kings Of Summer, Hectors Reise Oder Die Suche Nach Dem Glück) weiterlesen

Film: Das erstaunliche Leben des Walter Mitty (2013)


Trailer © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Komödie, Feelgood, Roadmovie, Selbstfindungstrip
Regie: Ben Stiller
Drehbuch: Steve Conrad
Besetzung: Ben Stiller, Kristen Wiig, Jon Daly, Adam Scott, Kathryn Hahn, Shirley MacLaine, Sean Penn, Patton Oswalt
Kamera: Stuart Dryburgh
Musik: José Gonzalez, Theodore Shapiro
Schnitt: Greg Hayden


Review
Träume.
Sie bringen dich in andere Welten, sie helfen dir deine Wünsche zu entdecken, sie lassen dich Schlimmes vergessen. Zeitweise. Aber was ist, wenn du irgendwann nur noch träumst? Wenn du so sehr in deinen Hoffnungen verweilst, dass es einen utopischen Charakter bekommt, sie überhaupt jemals zu erfüllen? Was ist, wenn du aufwachst und bemerkst, dass du so enorm viele Dinge tun wolltest, aber statt sie anzugehen auf der Stelle getrampelt bist und überhaupt nichts erreicht hast. Zu sehr geträumt, zu wenig gelebt. Die eigene Matrix erschaffen. Film: Das erstaunliche Leben des Walter Mitty (2013) weiterlesen

Podcast: Metrolaut Spezial #21 – Mit dem Fahrrad nach Shanghai (2014)

Ich liebe Podcasts, weil ich durch sie neben Erfüllung sämtlicher Nerd-(Filmcasts) und Info-(Netzpolitik)Bedürfnisse immer wieder die Chance bekomme interessanten Geschichten aus dem Leben zu lauschen.

In Metrolaut Spezial #21 gibt es eine dieser Geschichten. Von zweien die Auszogen, um mit dem Fahrrad die Welt zu erobern – fast ein Märchen, nicht wahr? Tolle Impressionen aus der Welt!

Zu hören oder downloaden HIER

Film: Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit – Bill & Ted’s Excellent adventure (1989)


Trailer © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1989
Genre: Komödie, Schwachsinn
Regie: Stephen Herek
Drehbuch: Ed Solomon, Chris Matheson
Besetzung: Keanu Reeves, Alex Winter, George Carlin, Terry Camilleri, Dan Shor, Tony Steedman, Rod Loomis, Al Leong, Jane Wiedlin, Robert V. Barron, Clifford David
Kamera: Tim Suhrstedt
Musik: David Newman
Schnitt: Larry Bock, Patrick Rand

Review
Lang her das letzte Mal, jetzt der Re-Re-Re-Rewatch.

Fazit: Puh!

Keanu Reeves und Alex Winter verkörpern durch debiles Spiel ihre noch debileren Figuren in einer absolut grenzdebilen Story. Weiter kann man die überdrehte Idiotie dieser ganzen Sache hier nicht mehr steigern. Die Definition von bedil auch nicht. 80er-Overdose in full effect – Leder-, Jeans- und Sonstwas-Jacken werden nur vom Look in der Zukunft übertroffen und neben der Iron Maiden ist eh alles nur Party on und Rock’n’Roll, Hoschi. Oder Dude? Oder Dudehoschi. Hoschidude. Erbeerig! Nee, schon eher Hoschi! Deutsche ultra-Blödel Synchro setzt dem ganzen nämlich noch die Krone auf. Film: Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit – Bill & Ted’s Excellent adventure (1989) weiterlesen