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Serie: Mad Dogs – Season #1 (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Amazon Studios


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Thriller, Drama, Schwarze Komödie
Showrunner: Cris Cole
Network: Amazon Studios
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Ben Chaplin, Michael Imperioli, Romany Malco , Steve ZahnPhil DavisMark PovinelliRachael HolmesMaría BottoCoby BellAllison TolmanBilly Zane
Musik: Robert Duncan


Review
Wir alle wissen: wenn es scheiße läuft, dann richtig – die vier Herren in MAD DOGS erfahren das am eigenen Leib, denn zwar befinden sie sich lediglich zur falschen Zeit, mit der falschen Person, am falschen Ort, doch das Schicksal nimmt sie richtig durch. Die Amazon Eigenproduktion wählt diese Ausgangssituation als Kick-Off, lässt ihre Protagonisten unwissend in einen Strudel aus Irrsinn, Gefahr und Verzweiflung taumeln, und gibt erst Ruhe, als diese bereits mehrfach knietief in der Scheiße standen. Na gut, die Rettungsringe und -leinen, die ihnen auf dem Weg ständig von außen zugeworfen wurden, hätten sie einfach nur greifen müssen, doch wenn man zu sehr damit beschäftigt ist alte zwischenmenschliche Wunden wieder aufzureißen, sich Vorwürfe an den Kopf zu donnern und im Ernstfall anstatt kollektiv an einem Strang zu ziehen, doch immer bloß das eigene Ego siegt, ist der portraitierte Leidensweg vielleicht sogar gerechte Strafe.

Was zunächst wie ein Traumurlaub anmutet – die vier unterschiedlichen Typen, Freunde seit den frühen Tagen ihrer Kindheit, wurden vom fünften im Bunde, Milo, ebenfalls ein enger Jugendfreund, der sich mit seiner Firma in Bélize selbstständig gemacht hat, auf einen spontanen Urlaub in dessen Strandvilla eingeladen – und mit Drinks am Pool, einer wird durchfeierten Nacht und reichlich Sonne auch so beginnt, kippt leider recht schnell in das absolute Gegenteil. Überraschen tut das nicht, denn trotz Palmen und türkis-grünem Meer, liegt von Anfang an etwas fatalistisches in der Luft – die Eröffnung des Piloten stellt die Weichen durch ein seltsames Foreshadowing: bewaffnet und mit Kriegsbemalung geschmückt, stürmen die Vier über ein einsames Feld, auf ein uns noch unbekanntes Ziel zu – wie es dazu kommen wird, sollen wir erst später erfahren, dass es für sie bergab gehen wird, ist sofort klar.  Serie: Mad Dogs – Season #1 (2016) weiterlesen

Film: Batman V Superman – Dawn Of Justice (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Warner


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Comic, Superheld, Action, Science-Fiction
Regie: Zack Snyder
Drehbuch: Chris Terrio, David S. Goyer
Besetzung: Ben Affleck, Henry Cavill, Amy Adams, Jesse Eisenberg, Diane Lane, Laurence Fishburne, Jeremy Irons, Holly Hunter, Gal Gadot, Scoot McNairy, Callan Mulvey, Tao Okamoto
Kamera: Larry Fong
Musik: Junkie XL, Hans Zimmer
Schnitt: David Brenner


Review
In der Filmwelt ist es 18 Monate her, dass Zack Snyder Superman auf der Erde seinen ersten großen Kampf ausfechten lies – einen Kampf in dem weit mehr zu Bruch ging, als die Masse der Kinogänger und Kritiker zu akzeptieren bereit war, in dem der einst so strahlende Superman nie gekannte, gemeinhin als “falsch” angesehene Seiten entwickelte und der somit eine Welle der Entrüstung auslöste. Man wurde nicht müde Snyder, der sich in den folgenden Jahren ohne Ablass eingekesselt und mit dem Rücken zur Wand wiederfand, immer und immer wieder zu rechtfertigenden Aussagen zu nötigen, was im Wandel der Zeit zu widersprüchlichen Äußerungen seinerseits und der stetigen Behauptung er und sein Autor David S. Goyer hätten “Superman nicht verstanden” führte. Man war sich einig, dass Snyder mit den Sequel in der Bringschuld stünde, Fehler glattbügeln müsse, um den Leuten nun endlich den Superman zu geben, den sie schon immer wollten und verdienen.

Doch nun, da BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE in den Kinos gestartet ist, wird deutlich klar, dass Snyder zu großen Teilen eben nicht das getan hat, was von ihm erwartet wurde. Dass er sich nicht dem Konsens (und somit dem Mythos) beugt und auf den Klang der fordernden Gesänge eingeht, die endlich wieder das strahlende, ungebrochen Gute auf der Leinwand sehen wollen, weil seine Auffassung der (Film)welt anders ist – durch und durch düster und ohne sinnvollen Platz für das, was Superman “sein muss”. Ohne Frage in zynischem Tonfall, erschafft er stattdessen ein tief pessimistisches Szenario, in dem ein Held der Hoffnung streng genommen nur scheitern kann, weil kaum mehr Hoffnung da ist. Für nichts. Es regieren Zweifel und die Frage, ob es sich überhaupt lohnt für das Gute einzustehen? Weiter noch: Ob das Gute überhaupt Bestand haben kann, oder zwangsweise immer korrumpiert und vom Schlechten aufgesogen werden wird?

Snyder’s Superman strauchelt und versteht seine machtvolle Gabe keineswegs als Segen, den es unentwegt einzusetzen gilt – nein, für diese Inkarnation des Kryptoniers ist sie eine Bürde, um die er nicht gebeten hat. “This means something”, redet Lois Lane, mit Blick auf das geschwungene Emblem auf seiner Brust, in einem Moment auf Superman ein, in dem er den Glauben daran, dass die Agenda der Rettung überhaupt jemals seine eigene war, endgültig verloren zu haben scheint. “In my world it did. But there’s nothing left of it” entgegnet er resigniert. Worte von Tragweite, denn sie verdeutlichen eins: Trotz der stetigen Versuche sich einzugliedern und ein normales Leben zu führen, ist dieser fremde Held immer noch ein Kuriosum, ein Alien was unter uns wandert und tief in seinem Inneren nie wirklich auf dieser Welt angekommen ist – auch weil sie sich ihm zunehmend verschließt, anstatt ihn wie einst als Heilsbringer und Botschafter des Optimismus zu feiern. Film: Batman V Superman – Dawn Of Justice (2016) weiterlesen

(Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #12: Auf Kurze Distanz (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by ARD


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Cop-Thriller
Regie: Philipp Kadelbach
Drehbuch: Oliver Kienle, Holger Karsten Schmidt
Besetzung: Tom Schilling, Edin Hasanovic, Emilia Schüle, Lazar Ristovski, Aleksandar Jovanovic, Jens Albinus, Sandra NedeleffMarko Dyrlich Fortunato Cerlino
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Musik: Michael Kadelbach
Schnitt: Constantin von Seld


Review
Wie tief muss man graben, um zum Kern einer Sache vorzudringen? An die Basis zu kommen, damit man alles darüberliegende zu Fall bringen kann? Und wo ist der Punkt, an dem man aufhören sollte weiter zu machen, weil, zunächst noch unbemerkt, nach und nach die lebensrettende Fähigkeit schwindet, die Grube wieder zu verlassen? “In too deep“ ist der amerikanische Terminus zur Beschreibung dieses Zustands, der von jeher ein beliebtes Objekt des Genre-Kinos darstellt. Undercover-Ermittler, denen die Sache über den Kopf wächst, die eben tatsächlich zu tief drin stecken, um aus freien Stücken den Fängen der kriminellen Organisation zu entkommen, in die sie eingebunden wurden, konnten wir von DONNIE BRASCO über INFERNAL AFFAIRS, bis zu MIAMI VICE in unzähligen Werken bewundern – mal mehr, mal weniger geglückt. Was die meisten dieser Filme jedoch eint: Sie entstammen nicht dem deutschen Raum – denn auch wenn hier in Form von TATORT– & POLIZEIRUF-Episoden, oder anderen TV-Krimis sicher schon tausendfach verdeckte Cops auf Mattscheiben ermittelten, so sind die großen, nachhaltigen Genre-Meilensteine bis jetzt ausgeblieben.

Das Zeug zum Welthit hat AUF KURZE DISTANZ, dieser jüngste Vertreter des Sujets wahrscheinlich ebensowenig, wie er ein reiner, auf Geradlinigkeit reduzierter Genrefilm ist und doch sorgt es, besonders unter dem Aspekt, dass öffentlich-rechtliche Sendeanstalten ihn produzierten, für eine unglaubliche Überraschung, wie überdurchschnittlich stark er ist. Von deren sonst so zahmer Vorgehensweise ist hier nämlich nichts zu spüren: Tom Schilling taucht, schauspielerisch wie üblich brillant, in eine verborgene Parallelgesellschaft ab – es geht um Wett-Manipulation, um Schiebung von Sportereignissen, um kriminelle Vereinigungen, von denen jede einzelne das große Geld machen will und in der Wahl der Mittel auf dem Weg dahin vor wenig zurückschreckt. Zunächst setzt Regisseur Phillip Kadelbach uns dieses Milieu noch als genau das dubiose, verschwommene, schwer greifbare Etwas vor, das ein Zuschauer ohne bisherige Berührungspunkte zum Metier erwarten würde: verqualmte Spelunken, in denen Screen an Screen die aktuellen Spiele internationaler Ligen flimmern, geschwärzte Scheiben, die diese Bereiche als eine kleine, in sich geschlossene Welt schützen, die bewusst von der normalen Realität abgeschottet wurde, weil hier eigene Regeln von Aufstieg und Fall gelten, und wenig vertrauenserweckende Buchmacher, die erst bei den obskursten Wetten, die Schilling als Protagonist Klaus platzieren will, um langsam mit den Drahtziehern der beschatteten Organisationen in Verbindung zu kommen, auf die Barrikaden gehen. Soweit so gut, in kühlen, entsättigten Bildern ein halblegales Milieu zu zeigen, ist noch keine große Kunst. (Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #12: Auf Kurze Distanz (2016) weiterlesen

Quentin Tarantino #8: The Hateful Eight (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Universum Film


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Western, Kammerspiel
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Besetzung: Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Tim Roth, Michael Madsen, Bruce Dern, Demián Bichir, James Parks, Channing Tatum
Kamera: Robert Richardson
Musik: Ennio Morricone
Schnitt: Fred Raskin


Review
Der “Vorhang” fällt… Ernüchterung.

Dass das neue Tarantino-Werk (sein achter Film, wie es in den Credits noch einmal explizit ausgesprochen wird), von kleinen Hochs und Tiefs abgesehen, in Summe so gut wie nichts in mir bewegt, ist schon ein dickes, aber vor allem unerwartetes Ding. Man rechnet mit vielem, doch nicht damit. Nun ist es verlockend (und bodenlos) sich auf die vermeintlich endlose Suche nach den Ursachen zu begeben, doch die Leidenschaftslosigkeit in Bezug auf den Film arbeitet dagegen. Nicht dass er es aus sich heraus nicht wert wäre, doch MIR ist es den Einsatz nicht wert. Die Feststellung, dass mich THE HATEFUL EIGHT nicht im Geringsten gepackt und deshalb auch nicht im Geringsten vom Hocker gerissen hat, ist zu dominant. Ein paar Worte sollen dennoch folgen, denn immerhin: Dafür, dass ich dem abgefilmten Theaterstück knapp drei Stunden vollkommen unbeteiligt beiwohnte, lässt sich anerkennend feststellen, dass die Grenze zur Ödnis nie überschritten wurde. Pluspunkt – drei Stunden können sich schier endlos anfühlen – doch hier nicht, hier sind sie einfach nur drei Stunden und somit lang, ohne sich jedoch arg zu ziehen.

Tarantino begrenzt das Setting auf den kleinsten denkbaren Raum – neun Leute in einer Hütte, draußen tobt ein Blizzard, die rettenden Wände zugleich himmlischer Hort und Gefängnis – doch erzählt in diesem Mikrokosmos von anderen, weit größeren Konflikten, die die USA (und den Menschen an sich) in der Geschichte zerrütteten: keiner dieser Männer traut dem anderen, uralte verfahrene Ideologien und unzählige Facetten eines tief sitzenden Hasses prallen aufeinander. Südstaatler treffen auf die Nordstaatler, gegen die sie noch zuvor im Bürgerkrieg gekämpft haben, (vermeintliche) Sheriffs auf gesuchte Mörder in der Hand von ebenfalls eiskalt mordenden Kopfgeldjägern, schwarze Rassisten liefern sich verbale Duelle mit weißen Rassisten. Wenn diesen Haufen aus dreckigen, moralisch zwielichtigen Personen eines eint, dann dass Gewalt ihre Herzen regiert – Vertrauen gibt es keins, die Wahrheit ist reine Behauptung, wird gedehnt, verdreht und instrumentalisiert, um in diesen vier Wänden, einem Ort an dem alles passieren kann, ein Quäntchen Sicherheit zu erlangen. Da wird geflunkert, intrigiert und misstraut bis sich die Balken biegen. Quentin Tarantino #8: The Hateful Eight (2015) weiterlesen

Film: Straight Outta Compton – Kinoversion (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Universal Pictures Germany


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Biopic, Musikfilm, Drama
Regie: F. Gary Gray
Drehbuch: Jonathan Herman, Andrea Berloff, S. Leigh Savidge, Alan Wenkus, Andrea Berloff
Besetzung: O’Shea Jackson Jr., Corey Hawkins, Jason Mitchell, Neil Brown Jr., Aldis Hodge, Paul Giamatti, Marlon Yates Jr., R. Marcos Taylor, Keith Stanfield, Carra Patterson, Alexandra Shipp, Elena Goode
Kamera: Matthew Libatique
Musik: Joseph Trapanese (Score)
Schnitt: Billy Fox, Michael Tronick


Review
Als sich in der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre eine Gruppe DJs und MCs im berüchtigten L.A.-Stadtteil Compton zusammenschloß, um das zu tun, was (einige von ihnen) am besten konnten – Rap-Musik produzieren – hätte wohl niemand von ihnen geahnt, dass sie Jahrzehnte später als die Wegbereiter eines ganzen Sub-Genres, dem Gangsta-Rap, gelten sollten. N.W.A., die Niggaz wit Attitudes, schafften das damals undenkbare: trotz Radio- und MTV-Boykott, ohne wirkliche Promo, also einzig über Hörensagen und Mund-zu-Mund-Propaganda, erkämpfte sich ihr roher, harter Straßen-Sound schleichend einen Platz in den Charts, einige (auf kontroversen Lyrics basierende) Probleme mit den Bundesbehörden und vor allem eine landesweite fanatische Anhängerschaft. Fast 25 Jahre nach dem Auflösen der Gruppe (und 20 nach dem tragischen AIDS-Tod Eazy-Es) setzen sich die vier verblieben Gründungsmitglieder ein filmisches Denkmal: STRAIGHT OUTTA COMPTON.

Und man braucht sich nichts vormachen – dieser Film feiert das Vermächtnis der Crew bis ins Letzte und ist demnach wohl vor allem ein Werk für langjährige Hip-Hop-Fans! Formell zwar ein gewöhnliches Biopic vom Reißbrett, das sämtliche wichtigen Stationen von Gründung, über erste Konflikte, bis zur Auflösung abgrast, sowie den folgenden rasanten Solo-Karrieren von Ice Cube und Dr. Dre genügend Platz einräumt, atmet STRAIGHT OUTTA COMPTON doch durch und durch den Geist der Musik und lässt des Rap-Fan’s Herz in regelmäßigen Abständen höher schlagen. Persönliche, tiefe Einblicke in das tatsächliche Wesen der fünf Musiker gewähren Regisseur F. Gary Gray (und die 5 (!) Drehbuchautoren) zwar nur selten, faszinierende Auszüge aus dem begeisterten Schaffensprozess in Studios, dem energetischen Eskalieren auf Bühnen und den Problemen, die Lebensstil und Einstellung der jungen Männer zwangsweise mit sich bringen, dafür umso mehr. Wenn das Ensemble auf einem heiklen Konzert in Detroit gegen alle vorherigen Warnungen FUCK THA POLICE performed und das Publikum schier ausrastet, oder Dr. Dre und sein langjähriger Wegbegleiter Snoop Doggy Dogg Jahre nach der Trennung der Gruppe in einer spontanen Session die Vocals von NUTTIN’ BUT A G THANG erarbeiten, geht das so sehr ins bouncende Herz, das dies vor Freude mit dem Kopfnicken beginnt. Film: Straight Outta Compton – Kinoversion (2015) weiterlesen