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Animationsfilm: Anomalisa (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Paramount Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Drama
Regie: Duke Johnson, Charlie Kaufman
Drehbuch: Charlie Kaufman
Sprecher (OV): David ThewlisJennifer Jason LeighTom Noonan
Kamera: Joe Passarelli
Musik: Carter Burwell
Schnitt: Garret Elkins


Review
Hast du schonmal das Gefühl gehabt, dass in der stetig voranschreitenden Welt einfach kein Platz mehr für dich ist? Dass ihre Bewohner zwar in niemals abbrechender Flut auf dich einreden, doch nichts davon mehr wirklich durchdringt – jedes Wort nur ein weiterer Schlag mit einem stumpfen Gegenstand, den dein tauber Geist nur am Rande registriert? Dass du wie ein Gespenst durch die leeren Gänge deines sterilen Daseins schwebst, ohne zu Interaktion fähig zu sein – auch weil du denkst, dass du dir diese gar nicht mehr wünschst, bis du – vielleicht – mit etwas Glück eines besseren belehrt wirst?

In ANOMALISA findet sich ein reichhaltiger Fundus an echter menschlicher Emotion, so facettenreich und ausgeprägt, dass es ob der subtilen Zeichen, die Charlie Kaufman – Autor legendärer Schwurbel-Skripte wie BEING JOHN MALKOVICH und ETERNAL SUNSHINE – in seiner zweiten Regiearbeit setzt, wohl kaum möglich ist, sie nach einmaligem Sehen allesamt erfasst, und vor allem verarbeitet zu haben. Und so dominiert den Nachhall dieses ziemlich einzigartigen Stop-Motion-Films zunächst recht stark sein (vermeintlich) dominierender Aspekt – ein ungeschönter, wenn nicht gar niederschmetternder Blick in das Innere eines Menschen, dessen Leben von emotionaler Leere, Ausgebranntheit und der totalen Entfremdung definiert ist.  Animationsfilm: Anomalisa (2016) weiterlesen

Film: Freaks Of Nature (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Sony Pictures Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Highschool-Komödie, Fun-Splatter, Horror
Regie: Robbie Pickering
Drehbuch: Oren Uziel
Besetzung: Nicholas Braun, Mackenzie Davis, Josh Fadem, Denis Leary, Ed Westwick, Vanessa Hudgens, Mae Whitman, Patton Oswalt, Keegan-Michael Key, Bob Odenkirk, Joan Cusack, Chris Zylka, Werner Herzog
Kamera: Uta Briesewitz
Musik: Fil Eisler
Schnitt: Craig Alpert


Review
Oh nooo – not another american Highschool-Comedy?!

Hä? Was? Wer den Trailer zum 2016er Direct-To-Video Streifen FREAKS OF NATURE zur Kenntnis genommen hat, dürfte sich über diesen pikierten Aufschrei der Entrüstung sicherlich ein wenig wundern – das sah doch nach etwas gänzlich anderem aus? Ja, sah es, doch im Kern ist FREAKS OF NATURE tatsächlich ein typisches amerikanisches Highschool-Filmchen – mit Bullying durch sich laut aufspielende Sportler-Prolls, coming-of-age und geheimer Verliebtheit in die super-sweete Highschool-Queen, sowie Konflikten von Teenagern mit Eltern (die es partout nicht blicken wollen), Gezeter zwischen verschiedenen Subkulturen und dem typischen “It was like.. so cool! Yeah, totally!”-Gequatsche. So weit, so gut, so bekannt – nur gibt es hier jedoch diesen einen, klitzekleinen Unterschied: Eben auch mit Vampiren, die als eigene Gruppe unter den Menschen leben. Und der Zombie-Apokalypse, die durch Elektroshock-Halsbänder im Griff gehalten wird. Und einer Alien-Invasion, die dieses sorgsam balancierte soziologische Konstrukt massiv in’s Wanken bringt. Und mit… okay, let’s not spoil it all!

Zugegeben, dieser Ansatz klingt zwar auch nach einer höllisch absurden, durchaus vergnüglichen Idee, primär jedoch vollkommen überladen – Leute, lasst uns doch einfach mal alles (!), was die Horror-Welt an gängigen Figuren zu bieten hat in einen Topf werfen, wild rühren und aus dem überwürzten Brei, der dabei heraus kommen mag, ein überdrehtes Mashup basteln. Schnell kommen Zweifel auf, ob die tatsächliche Umsetzung es im Gesamtbild über diese irre, vermeintlich recht schnell abgenutzte Idee hinaus schaffen wird. Prognose unmöglich, Bedenken berechtigt, denn häufig sind genau die Filme, die aus einer solchen “Wir setzen einen drauf“-Mentalität entstehen, weit weniger clever, als die Macher es (wahrscheinlich) glauben und verlieren sich in stumpfem Abfeuern von Referenzen und Zitaten, anstatt sinnvoll mit den Objekten ihres ausufernden Raubbaus umzugehen, um diese in einen eigenen Kontext zu setzen. Film: Freaks Of Nature (2015) weiterlesen

Film: Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach (2015)


Trailer © by Indigo


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Schwarze Komödie, Gesellschaftskritik
Regie: Roy Andersson
Drehbuch: Roy Andersson
Besetzung: Holger Andersson, Nils Westblom, Viktor Gyllenberg, Lotti Törnros, Jonas Gerholm, Ola Stensson, Roger Olsen Likvern
Kamera: István Borbás, Gergely Pálos
Musik: Hani Jazzar, Gorm Sundberg
Schnitt: Alexandra Strauss


Review
Es ist wohl nicht gelogen, wenn ich völlig wertfrei behaupte, dass EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH (im Folgenden als EINE TAUBE bezeichnet) wohl die seltsamste Kino-Erfahrung meiner jüngsten (bis mittelfristigen) Vergangenheit als Filmliebhaber darstellt.

Ich hatte aufgrund der Festival-Auszeichnungen des Films lobende Worte einiger Personen aufgeschnappt, deren Filmgeschmack ich als spannend einschätze. Dann, als sich die Möglichkeit bot, diesen Film tatsächlich auf einer Leinwand zu erwischen, las ich die Beschreibung und entwickelte eine wahrhaft kindliche Vorfreude, klang doch der “Inhalt” dieses Films im flapsig formulierten Absatz des Kunstkinos außerordentlich ungewöhnlich. Oh ja und das sollte der Film werden.
Film: Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach (2015) weiterlesen