Lektionen in Zeitverschwendung #4: Hafen der Düfte (2013)


Trailer © by ARD


Jeder sieht schlechte Filme, das liegt in der Natur der Sache. Der natürliche Auswahlprozess hilft jedoch in der Regel dabei, sie so gut wie möglich zu umschiffen. Doch wie ist es mit Werken, die mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit in die Kategorie „Schund“ fallen? Manchmal siegt die Neugier – nach dem Sichten bleibt dann meist die ernüchternde Erkenntnis, dass es besser gewesen wäre auf die innere Stimme zu hören. Lektionen, die man lernen muss. Es besser zu wissen, aber trotzdem zu tun – das ist Zeitverschwendung. In dieser Rubrik berichte ich von meinen traurigen Versuchen ein Terrain zu beackern, das sich eigentlich schon beim ersten Blick als unfruchtbar heraus stellte – von meinen „Lektionen in Zeitverschwendung“. Eine Auflistung aller gelernten Lektionen findet ihr in der Kategorie des Blogs und kompakter auf dieser Übersichtsseite.


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Drama, pseudo-Erotik-Thriller
Regie: Peter Gersina
Drehbuch: Philip LaZebnik
Besetzung: Veronica Ferres, Russell Wong, Herbert KnaupMatthew MarshCourtney WuCraig FongBernie ChanAnnamaria AhrensJerry Hoh
Kamera: Jan Fehse
Musik: Dirk Leupolz
Schnitt: Knut Hake


Review
Ich wollte mich mal wieder davon überzeugen, was die Öffentlich-Rechtlichen aus unseren Gebühren fabrizieren – schlechte Idee! Dem deutschen Fernsehfilm immer und immer wieder eine Chance geben zu wollen, welch edlen Vorsatz ich damit doch gefasst habe. Wie nett von mir. Wie tolerant. Und ja, die Beweggründe lassen sich weniger auf Interesse, denn mehr auf das Stichwort “Fairness” herunterbrechen. Pauschal zu urteilen, ohne die “Entwicklung” zu verfolgen, das ist nun mal nicht fair. Oder?

Fairness hin oder her, immer wenn es wieder so weit war und nach einer (exakt) 90 minütigen Tortur die banale Wohlfühl-Musik einsetzte, verfluchte ich mich dafür. Wenn es einen Lehrplan im, von mir viel zu oft unterrichteten Fach “Zeitverschwendung” gäbe, so stünde doch der deutsche Fernsehfilm ganz weit oben. Vielleicht sogar ganz oben? Denn besagte “Entwicklung” der Materie steuert, wenn überhaupt, in eine Richtung – und zwar bergab. In die tiefsten Tiefen der Sümpfe aus Banalität, durchsetzt vom fiesen Gestank der Belanglosigkeit, in Gebiete die karg und leer sind, allerhöchstens bewohnt von Tieren – störrischen Eseln und gleichgültigen Lamas. Tiere denen wir und unsere Unterhaltung, unsere Bildung, unser Mensch sein völlig egal sind. Und die uns dies spuckend und quäkend spüren lassen. 

Aus diesem Nichts schallte es mir auch dieses Mal entgegen: “Jacker, so tue es nicht! Lass es. Die Ferres ist dabei, ist das nicht schon Signal genug?” Doch ich hörte nicht. Wollte nicht hören. Ich hatte es doch schon so weit gebracht, sämtliche Grundkurse lagen hinter mir, die Bachelor-Prüfung in Zeitverschwendung lag in Sichtweite. Also Fernbedienung und Couchplatz gesichert, das Erste Deutsche Fernsehen angewählt und mich voll und ganz dem HAFEN DER DÜFTE hingegeben.

Oh, was wurde im Vorfeld für ein elektrisierend prickelndes, erotisches Thriller-Filmchen versprochen – schenkt man dem Tone des Trailers glauben, so stand hier in feinster Samstag-Abend Event-Manier gar ein deutscher BASIC INSTINCT an. Im exotischen Hongkong. Voller Lust und Intrigen. Wow! Doppelwow! Hyper-WOW!

Wie sehr man sich doch täuschen kann. Also, natürlich die ARD. In ihrer Selbsteinschätzung.

Um es kurz zu fassen: HAFEN DER DÜFTE ist in nahezu allen belangen das Drögste, was das deutsche TV uns an Filmproduktionen in jüngster Vergangenheit vorgesetzt hat. Dem Film fehlt – abgesehen von der akzeptablen Kulissen-Wahl und Kameraarbeit – geradezu alles. Allem voran ein Tonstudio, welches in der Lage gewesen wäre den Film in brauchbarer Form zu dubben. Wurde er in Englisch gedreht? Kann eigentlich nicht sein, manchmal passten die Lippen-Bewegungen irgendwie zum sterilen Studio-Kabinen-Ton der Sprache. Wurde er also mit Schauspielern gedreht, die versuchten deutsch zu sprechen, es aber nicht ausreichend beherrschen? Denkbar, aber warum muss sich dann die Ferres nochmal selber dubben? War der Tonmeister schlichtweg auf Opium? Dienstreise zum Drehort zur Berauschung an örtlichen Substanzen genutzt (Vorsicht: Formulierung bewusst in die Klischee-Suppe getaucht, die der Film uns von Hongkong vorsetzt)?

Wahrscheinlich. Wie es dazu kam, kann nur gemutmaßt werden, Fakt ist aber: Der Ton war bei weitem das Schlechteste was ich (und nun übertreibe ich nicht) JEMALS in einem Film gehört hab. Wenn die Sprache so extrem drauf gesetzt wirkt, dass es unmöglich ist eine Verbindung zu den sprechenden zu bekommen, stimmt etwas nicht.

In HAFEN DER DÜFTE stimmt aber noch viel mehr nicht. Zum Beispiel, dass der Film ein Thriller sein will, aber keiner ist. Unspannender als diese Kunstraub Geschichte geht es nicht. Katalysiert wird diese Nicht-Stimmung durch das völlig hölzerne Spiel von Veronika Ferres, welches sich wiederum durch den Dynamik-freien Ton nochmal mit sich selbst multipliziert und endgültig den Charme von staubtrockener Wüste erreicht. Knistern tut es da nirgendwo. Trotz sehr bemühter Lovestory. Nicht zwischen ihr und dem mysteriösen bösen Buben aus HK, nicht zwischen ihr und ihrem Mann, auch sonst zwischen niemandem.

Und worum geht’s nun eigentlich? Irgendwer hat eine Kunstsammlung geklaut, ein britischer Cop und ein chinesischer Offizier untersuchen das (steuern aber so wenig zum Resultat bei, dass man die zwei Schergen und ihre insgesamt mindestens 20 Minuten Screentime rückstandslos hätte streichen können) und Ferres verliebt sich. Dann wird geschossen und es kommt raus, dass die Kunstobjekte ganz, ganz, ganz raffiniert versteckt waren. Stark. Dazu gibt’s schöne Bilder eines für Westler in Touristen-Charme abfotografierten Hongkong. Genaugenommen von Hafen und Nachtclubs. Reicht ja auch, oder besteht HK noch aus mehr? Nicht dass ich wüsste. Dann da noch etwas Blah, hier noch ein wenig Blubb und schließlich geht der Quark in einem wirklich desaströs-verkackten Ende vorbei.

Hilfe! Durchgequält. Aber sowas von. Doch eine gute Seite hat das: Der Bachelor in Zeitverschwendung ist mit Auszeichnung bestanden. Jetzt können die wirklich großen Aufgaben kommen – auf weitere Abenteuer in den Tiefen der Belanglosigkeit.


Wertung
2 von 10 wenig anziehenden unbekannten Damen


Veröffentlichung
HAFEN DER DÜFTE lief am 10. Dezember 2013 in der ARD.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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