Horrorctober 2015, Film #11: Halloween (1978)


Trailer © by Concorde Film


Fakten
Jahr: 1978
Genre: Horror, Psychothriller, Slasher
Regie: John Carpenter
Drehbuch: John Carpenter, Debra Hill
Besetzung: Donald Pleasence, Jamie Lee Curtis, Tony Moran, Nancy Kyes, P.J. Soles, Charles Cyphers, Kyle Richards, Brian Andrews
Kamera: Dean Cundey
Musik: John Carpenter
Schnitt: Charles Bornstein, Tommy Lee Wallace


Es war wieder so weit: der #horrorctober hat(te) gerufen. Was das ist und was das soll erfahrt ihr auf dieser Info-Seite (die auch alle Links zu meinen Filmbesprechungen im Rahmen des „Events“ enthält). Wer alles mitmacht, kann man auf dieser Info-Seite der CineCouch nachlesen. Ich habe 12 von 13 Filmen im Oktober geschafft und reiche nun fix die Reviews nach. Hier Film Nummer #11 – an Halloween gab’s HALLOWEEN.


Review
Es immer wieder fragwürdig, Texte über etablierte Klassiker mit der Aussage “es gäbe über sie ja eigentlich nichts mehr zu sagen” zu beginnen, denn diese Einleitung demontiert gekonnt die gesamte Intention des Schreibens. Wenn es nicht zu sagen gibt, warum es dann trotzdem tun? Da muss ja anscheinend doch etwas zu sagen sein. Um diese Falle direkt zu umschiffen, meide ich besagten Satz und behaupte: Wahrscheinlich ist HALLOWEEN in puncto Kritik und Analyse weitestgehend abgegrast, da wir aber durch die Verbreitungsmöglichkeiten des Internets schleichend in eine “Ära der Meinung” hinein geglitten sind, nutze ich meine Blog-Plattform einfach mal, um eine Salve Schwärmerei mit subjektiver Färbung abzufeuern. Braucht man denn im Falle von Carpenter’s HALLOWEEN einen erneuten Lobgesang auf diesen Meilenstein des amerikanischen Slasher-Genres? Tja. Was braucht man schon?

Auch wenn ich mir habe sagen lassen, dass der Film ganz sicher nicht der erste, und somit kein wirklicher Pionier auf dem Gebiet der creepigen, Messer-bewaffneten Serien-Killer sei, so ist es doch schwer vorstellbar, dass Michael Myers wirkungsvoller erster Auftritt nicht zumindest bleibenden Eindruck hinterlassen haben muss – die innige Liebe, die der Film seit über 30 Jahren erfährt, spricht eine klare Sprache – und in punkto Atmosphäre die Messlatte für alles was noch kommen sollte enorm hoch platzierte. Will man HALLOWEEN in wenigen Worten erfassen, dann trifft die Beschreibung “Konsequente Reduktion auf Stil” das ganze vielleicht am besten. Bereits in den ersten Minuten setzen Prolog, das musikalische Haupt-Thema und Kameraführung eine höllisch intensive Stimmung, die Carpenter für 90 Minuten durchziehen wird, ohne Gefangene zu machen.

Dr. Loomis: “I met him, fifteen years ago. I was told there was nothing left. No reason, no conscience, no understanding – and even the most rudimentary sense of life or death, of good or evil, right or wrong. I met this six-year-old child, with this blank, pale, emotionless face, and the blackest eyes… the devil’s eyes. I spent eight years trying to reach him, and then another seven trying to keep him locked up because I realized that what was living behind that boy’s eyes was purely and simply… evil.”

Michael Myers, ein als Kind zum Killer gewordener junger Mann, per Definition ein Psychopath vor dem Herrn, bricht aus der Anstalt aus und wird vom betreuenden Psychiater in seinem Heimat-Ort vermutet. Doch wo versteckt er sich? Was hat er vor? Wie extrem werden die Anflüge von Gewalt enden? Carpenter treibt, charakteristisch für den Slasher, die inhaltliche Reduktion auf ein absolutes Maximum, denn es geht in HALLOWEEN nur um einen einzigen Aspekt: Wann und wie schlägt der Killer zu? Eine Frage, die Carpenter uns konstant und vorsichtig umschleichen lässt. Zur Antwort gewährt er nur zaghaft Zugang, zieht viel mehr seine Spieluhr des Verderbens immer weiter und weiter auf, bis der erste Ton der finalen Symphonie uns einer Explosion gleich ins Mark fährt. Spannung zum Zerreißen entlädt sich. Was das ganze funktionieren lässt, ist die perfekte Balance zwischen Andeutung und Ungewissheit – unser Blick bleibt immer subjektiv: selten zeigt sich der Killer in der Ferne, wie er beobachtend zwischen Wäscheleinen voll flatternder Bettlaken, oder hinter Hecken steht. Auf den richtigen Moment wartend, signalisiert er uns vor allem eins: wir sind schon nah dran, es könnte jeden Moment passieren. Noch wirkungsvoller sind die Momente, in denen Carpenter uns Myers’ beobachtenden Blick teilen lässt (ein Konzept, was 2012 in Alexandre Aja’s MANIAC-Remake auf die Spitze getrieben werden sollte) – wir werden zu Myers, sind auf der Fährte der potentiellen Opfer, sofort stellt sich eine intensive Sorge ein, denn unser eigener Blick ist teil der akuten, lauernden Gefahr, ein Entkommen der “unschuldigen” Jugendlichen scheint unmöglich. Merkt denn keiner was davon? Doch, aber dass es, dem Halloween-Fest geschuldet, niemand ernst nimmt, wenn die Kinder plötzlich aufgelöst vom “Boogeyman” auf der Straße berichten, verwebt sinnvoll die Wahl des Settings mit den Ereignissen. Klasse.

So überzogen psychopathisch Myers im Vorfeld charakterisiert wurde, so sehr wird er gegen Ende zum Symbol des reinen Bösen. “You can’t kill the boogeyman” – man mag es als übersinnlich einstufen, dass dieser zitierte Satz in HALLOWEEN der Wahrheit entspricht, ergiebiger ist es hingegen (wie bei den meisten Filmen von Carpenter) sich über die Aussage des großen Ganzen Gedanken zu machen. Grusel, Splatter, oder gar reine Gewalt sind bei diesem Filmemacher nie Selbstzweck gewesen, es ging immer um mehr. Zwar kommt eine (mögliche) Kern-Aussage wie “du kannst das Böse nicht besiegen” noch recht profan daher, denkt man jedoch einen Schritt weiter, kombiniert das Tötungsmuster des Killers mit den Eigenschaften der Überlebenden (beziehungsweise denen, die er erstochen hat) und leitet daraus eine erweiterte Aussage ab, so könnte Michael Meyers auch gut für das schlummernde, reaktionäre Gewalt-Potenzial im prüde-konservativen Amerika stehen. Wer Sex hat stirbt, wer „rein“ ist darf leben – auch die ständigen Seitenhiebe gegen Jugendliche, denen sowohl Grabschändung, wie auch Randale und Ladendiebstahl bereits einzig aus dem Grunde unterstellt werden, dass sie nun mal Jugendliche sind, sprechen eine deutliche Sprache: wer das erzkonservative Spiel der Kleinstadt-Fassade nicht mitspielt, gar wagt anders zu denken, geht ein hohes Risiko ein. Vielleicht war das Carpenter’s Kommentar auf den Zeitgeist einer Nation, die in den andauernden Nachwehen von Nixon, Vietnam, etc. politisch so dringend frischen Wind benötigt hätte, ihn aber doch nie bekommen sollte.

Ohne Frage ein technischer wie atmosphärischer Meilenstein, der auch mit bald 40 Jahren auf der Uhr auf seinem Sektor noch durchweg überzeugt. Ich bin dann mal weg… den Score auf Repeat hören.


Wertung
8 von 10 stillen Messer-Mördern


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

2 Gedanken zu „Horrorctober 2015, Film #11: Halloween (1978)“

    1. Nee, das Remake ist von Rob Zombie, der in meinen Augen einer der besten zeitgenössischen Horror-Regisseure ist… Das gucke ich auf jeden Fall noch, denn nach HOUSE OF 1000 CORPSES will ich alles von ihm sehen

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