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Dokumentation: Haus Tugendhat (2013)


Titelbild, Bildausschnitte & Trailer © by Pandora Film Verleih


Fakten
Jahr: 2013
Themen: Villa Tugendhat, Architektur, Zweiter Weltkrieg, UDSSR
Regie: Dieter Reifarth
Konzept: Dieter Reifarth
Personen: Daniela Hammer-Tugendhat, Ruth Guggenheim-Tugendhat, Ernst Tugendhat, Ivo Hammer, Lukas Hammer, Josef Guggenheim, Michael Guggenheim
Kamera: Rainer Komers, Kurt Weber
Musik: Robin Hoffmann
Schnitt: Dieter Reifarth


Review
Architektur ist Handwerk.
Architektur ist Kunst.

Architektur ist eigenständig.
Architektur ist zweckgebunden.

Verschiedenste konträre Aussagen lassen sich über die Architektur finden und den wenigsten ist bewusst: Sie umgibt uns täglich, in all ihren Gesichtern, allein zwischen Aufwachen und Arbeitsbeginn erleben wir sie in hunderten von Facetten – von nüchterner Funktionalität, über klassisch anmutende Sichtfenster in andere Epochen, bis hin zu ausufernder moderner Designkunst. Doch all diese Daseinsformen vereint ein gemeinsamer Nenner: Beraubt man die Architektur ihrem Zweck, verkommt sie zu leerer Fassade. Und beraubt man den Zweck einer angemessenen Fassade, existiert er zwar noch, doch das Leben wird ein Stückchen hässlicher.

Was ist ein Gebäude, ohne Menschen die es bewohnen? Kann ein Haus primär ein Objekt der Präsentation, nicht des Nutzens sein?

Letzteres stellt die finale Frage dar, der sich Regisseur Dieter Reifarth in seinem Dokumentarfilm über die Villa Tugendhat, welche Mies van der Rohe in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts im tschechischen Brünn realisierte, annähert. Entgegen der naheliegenden Erwartung, eine Dokumentation über einen architektonischen Meilenstein, würde sich ausschließlich mit Formen, Materialien, Entwürfen und Technik befassen, erzählt Reifarth die Geschichte des Gebäudes, von Aufbau, über Verfall, bis zur Restauration, überwiegend anhand der Geschichten der Menschen die es bewohnten. Primär ist das die Familie Tugendhat, deren Kinder und Enkel reichlich zu Wort kommen und auch heute noch, obwohl es sich (unrechtmäßig) nicht mehr in ihrem Besitz befindet, eine enge Verbindung zum ungewöhnlichen Geist ihres früheren außergewöhnlichen Zuhauses verspüren.

Die Geschichte dieser Familie – eine jüdische Familie, die im dritten Reich enteignet und letztendlich nach Venezuela vertrieben wurde – doch auch die Geschichten der späteren Bewohner, verleihen dem Film über ein Gebäude eine tiefe (und notwendige) Menschlichkeit. Zeitweise reichen die Exkurse – angereichert mit üppigem Archivmaterial und privat-Aufnahmen aus früheren Zeiten – so weit, dass HAUS TUGENHAT auch den Charakter einer Weltkriegs-Doku bekommt. Und sehr tief in die Zustände in der Tschechoslowakei, unter der Gewaltherrschaft der UDSSR hineinschnuppert. Und die Trennung dieses Staates nach der Wende beleuchtet.

Immer nah an den Menschen, die diese Zustände erlebt haben, immer nah an der Villa, die all diese Menschen und Passagen aus ihren Leben verbindet. Und immer unterm Strich mit der Erkenntnis, dass besondere Architektur eine besondere Wirkung auf den Menschen hat. Positiv und negativ.

“Form follows function” – und die Architektur braucht den Menschen als Gegenstück, sonst geht jegliche Funktion verloren.


Wertung
7 von 10 temporären Umnutzungen


Veröffentlichung
HAUS TUGENDHAT ist bei Pandora Film Verleih als BluRay und DVD erschienen.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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