Archiv der Kategorie: Korea

Film: Die Taschendiebin – The Handmaiden – Agassi (2016)


The Handmaiden (IMDb) – Thriller, Drama, Südkorea, 2016 – Regie: Park Chan-wook, SkriptPark Chan-wook, Jeong Seo-Kyeong, Kamera: Chung Chung-hoon, Musik: Jo Yeong-wook, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Koch Media


Review
Gibt es eine unumstößliche Wahrheit? Können wir, klein und beschränkt in unserer Sicht, den Finger auf etwas legen und mit Gewissheit behaupten, dass es ist wie es ist und nicht anders? Oder ist alles, immer und überall, ausnahmslos eine Frage des Blickwinkels, weil wir doch sowieso nicht anders können, als nur zu sehen, was wir sehen wollen?

Vergnügt, lebendig und in wundervoll gestalteten Bildern stellt Park Chan-wook – nach dem US-Debut STOKER nun wieder zurück in Korea auf dem Regiestuhl – diese Fragen in den Raum, positioniert sich selbst damit in eindeutiger RASHOMON-Tradition und führt uns im Fortlauf seiner Geschichte regelrecht schelmisch vor Augen, wie eine klitzekleine Information schlichtweg alles verändern kann.

Ein Gauner will, getarnt als vermeintlicher Fürst, die reiche Adlige Lady Hideko aus Japan verführen, um sie so zu hindern von ihrem besitzergreifenden Onkel in eine erzwungene Hochzeit gedrängt zu werden und an ihr Vermögen zu gelangen, also setzt er die junge Taschendiebin Sook-hee als vorgetäuschtes Hausmädchen darauf an, die Einflugschneise seines großen Auftritts zu präparieren. Dass die einsam und kindlich anmutende Lady, zunächst “nur” Opfer rein finanzieller Begierde, sich in ihren merkwürdigen Eigenarten zunächst gar nicht in dieses Spiel einfügen will, verkompliziert das Unterfangen. Als dann alsbald in Sook-hee, die ihrer Rolle als manipulative Dienerin anfangs noch gewissenhaft und abgebrüht nachkommt, etwas unerwartetes erwacht – ein Gefühl, dass sie noch nicht kannte und welches sie eine starke Anziehung hin zum Ziel ihrer Täuschung verspüren lässt – wird diese sogar zum Spielball konträrer Interessen.  Film: Die Taschendiebin – The Handmaiden – Agassi (2016) weiterlesen

Serie: Sense8 – Season #1 (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Netflix


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Mystery, Drama, Rauschkino, Traum
Showrunner: Lana WachowskiLilly Wachowski
Network: Netflix
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Aml Ameen, Doona Bae, Jamie ClaytonTina DesaiTuppence MiddletonMax RiemeltMiguel Ángel SilvestreBrian J. SmithFreema AgyemanDaryl HannahAlfonso HerreraMax MauffPurab KohliTerrence MannNaveen AndrewsEréndira Ibarra
Musik: Johnny KlimekTom Tykwer


Review
Eins ist gewiss – wenn die Wachowski-Geschwister etwas anpacken, dann wird es, völlig unabhängig von der subjektiven Meinung über Qualität oder Scheitern des Endresultates, etwas einzigartiges. Und auch wenn sie mit steigenden Budgets immer wieder dazu neig(t)en sich in irrsinnigem Gigantismus zu verlieren, kann ihnen keiner nehmen, wie sie eine gesamte Generation mit offenen Mündern aus den Kinosälen stolpern liesen, verwirrt und erstmalig gewillt sich über Beschaffenheit der Realität Gedanken zu machen. Oder mit dem Aufleben einer vergessenen Anime-Serie in einem überbordenden Exzess aus Farben und Geschwindigkeit, oder fast schon frecher barocker Weltraum-Rauschüberflutung die Messlatte für Campiness ein Stück höher setzten.

Was ihr Werk auszeichnet ist vor allem die fehlende Bereitschaft, sich den ausgetretenen Konventionen der glattgebügelten Hollywood-Maschinerie zu beugen. Die beiden definieren sich stets über eine eigene Vision, stehen für die richtigen Werte ein und liefern im Grunde genommen 200+ Millionen Dollar teures Nischenkino für die wenigen verbliebenen Seelen, die sich noch nicht der einheitlich-uniformierten Instagram- und Fashionwelt hingegeben haben (und es nie werden). Ihre Helden trugen noch lange Ledermäntel, als das schon längst nicht mehr als cool galt, sie setzten auf Farben, als das Zeitalter des Apple-Weiss den Höhepunkt zu erreichen drohte, sie schufen kosmisches Chaos, als es gerade Pflicht war, weltliche Metropolen zu zerlegen. Ihre Manga- und Comic-Sozialisation mag bei diesem Schwimmen gegen den Strom eine ebenso große Rolle spielen, wie ihre Transsexualität – mit letzterer inmitten einer zutiefst intoleranten Gesellschaft zu leben, lässt ganz sicher in Bezug auf das Verteidigen der eigenen Ideale und Ideen eine harte Schule durchlaufen.  Serie: Sense8 – Season #1 (2015) weiterlesen

Film: Verjährung – Mong-ta-joo (2013)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Edel:Motion Film


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Thriller, Drama
Regie: Geun-seop Jeong
Drehbuch: Geun-seop Jeong
Besetzung:  Eom Jeong-hwa, Kim Sang-kyung, Song Young-changJo Hie-bong
Kamera: Lee Jong-Youl
Musik: An Hyun-jinKoo Ja-wan
Schnitt: Steve M. ChoePark Kyoung-sook


Review
In Bezug auf audiovisuell ansprechende Thriller mausert sich Südkorea in den letzten 10-15 Jahren zu einem der globalen Film-Player schlechthin. Von Entführung (THE CHASER), über das wahrscheinlich häufigste Motiv der Rache (LADY VENGEANCE, I SAW THE DEVIL), bis hin zu Meisterwerken, die sich gekonnt jeglicher klaren Einordnung entziehen (OLDBOY) nutzen die verschiedenen Filmemacher Motive aus der Welt von Cops, Gangstern und allem dazwischen, um packende Geschichten, nicht selten mit gehaltvollem Subtext zu erzählen. Der durchschlagende Erfolg von Werken wie MEMORIES OF MURDER gibt Ihnen recht, denn nicht selten sind die Krimis aus dem eigenen Land die erfolgreichsten Filme des jeweiligen Jahres und locken in dem kleinen, boomenden Land in Südostasien Hunderttausende in die Kinos – kein Wunder, Filmkenner wissen es schon längst: Wer braucht noch Hollywood, wenn er Bong Joon-ho, Kim Jee-woon, oder Park Chan-wook hat! Auch abseits dieser, mittlerweile tatsächlich allesamt durch die jeweiligen U.S.-Debuts aufgefallenen, etablierten großen Namen tut sich einiges: Kleinere Filmemacher, oft auch Autoren der Werke, bekommen die Chance ihre Stoffe umzusetzen, um (und das klingt schlimmer als es ist) den dürstenden Markt zu bedienen. Herüber nach Deutschland und Europa schwappt leider nur ein relativ kleiner Teil des beträchtlichen filmischen Outputs dieses Landes – schade, doch nun ist es mal wieder so weit, mit zwei Jahren Verspätung schafft es ein Regiedebut namens VERJÄHRUNG in die deutschen Heimkinos.  Film: Verjährung – Mong-ta-joo (2013) weiterlesen

Film: Lady Vengeance – Chinjeolhan geumjassi (2005)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by 3L Homevideo


Fakten
Jahr: 2005
Genre: Drama, Rachethriller
Regie: Chan-wook Park
Drehbuch: Chan-wook ParkJeong Seo-Gyeong
Besetzung: Lee Yeong-ae, Choi Min-sik, Kim Shi-hoo, Kwon Yea-young, Song Kang-ho
Kamera: Chung Chung-hoon
Musik: Choi Seung-hyun
Schnitt: Kim Jae-beom, Kim Sang-beom


Review
Audiovisuell brillant, im Abgang eiskalt und in der Aussage schmerzhaft nah an der Wahrheit: LADY VENGEANCE, Park Chan-wook’s Abschluss der Rache-Trilogie

Es gibt viel zu entdecken, viel zu hinterfragen und viel einzuordnen in diesem kreativen, in seiner Handlung und Figurenkonstellation ziemlich facetten- und umfangreichen Film. So viel, dass es schwierig ist, nach einem Mal schauen bereits darüber zu schreiben, ohne sich zunächst in weiteren Durchläufen mit den peniblen Details und vielzähligen aufploppenden Fragezeichen zu beschäftigen – selbst Zuschauer mit Korea-Erfahrung kann LADY VENGEANCE ob der vielfältigen, unserer Unkenntnis des Landes geschuldet evtl. sogar befremdlichen Eindrücke etwas überrumpeln. Doch auch was man nicht ins Letzte zu verstehen glaubt, kann gut gefallen und demnach muss ich zumindest dazu aufrufen euch diesen tollen Film anzusehen. Und über das geschriebene Wort vielleicht einen Fortschritt in der Reflektion erzielen. Film: Lady Vengeance – Chinjeolhan geumjassi (2005) weiterlesen

Kurzfilm: Nachtangeln – Paranmanjang (2011)


Trailer / Film © by KT Corp.


Fakten
Jahr: 2011
Genre: Mystery, Fantasy
Regie: Park Chan-wook, Park Chan-kyong
Drehbuch: Park Chan-wook, Park Chan-kyong
Besetzung: Lee Jung-hyun, Oh Kwang-rok
Kamera: Park Chan-wook, Park Chan-kyong
Musik: –
Schnitt: Ana Garcia


Review
Wenn man in den Kurzfilm PARANMANJANG der Brüder Park Chan-wook (bekanntermaßen Erschaffer großer Werke wie OLDBOY, I’M A CYBORG, DURST, etc.) und Chan-kyong eine besondere Intention hinein lesen will, dann wohl dass die zwei Macher durch die besondere Erschaffungs-Geschichte wohl eines erreichen wollten: eine klare und in dieser Form noch nicht dagewesene Aussage über das Filme machen in den 2010er Jahren zu treffen. Denn fernab von Inhaltes und Geschichte formuliert PARANMANJANG folgendes:

“Wenn du eine Vision hast, die du filmisch umsetzen willst, dann fürchte keine Limitierung! Budget, Schauspieler, Drehorte, Technik – alles machbar, du kennst jede Hürde überwinden, also überleg dir wie das funktionieren könnte und wenn alle Stricke reißen, dann schnapp dir zur Not dein verdammtes Smartphone, und dreh drauf los!”
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